Konzert:Gestalter

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Barenboim und die BR-Symphoniker

Von Andreas Pernpeintner, München

Nach diesem herrlichen zweiten Satz aus Beethovens fünftem Klavierkonzert hat sich der Besuch beim BR-Symphonieorchester in der Philharmonie schon gelohnt. Auch als Pianist ist Daniel Barenboim ein großer Gestalter, und mit welcher Liebe zur unaufgeregten, doch tief empfundenen und lebendig geschwungenen Melodiezeichnung er dieses Adagio spielt, ist traumhaft schön. Mitunter ist das Pianissimo fast ätherisch, es bleibt aber in jedem Moment fasslich und klar im Puls. Ganz lässt einen der Eindruck nicht los, dass Barenboim diesen Puls bei freier Entscheidung eine Spur langsamer veranschlagen würde. Aber das Tempo kommt von BR-Chefdirigent Mariss Jansons, der sich für ein sanftes, doch recht zielgerichtetes Fließen entscheidet - was dem Adagio in der Tat eine hübsche Eleganz verleiht.

Vom Orchester gibt es die auch in den schnellen Sätzen zu hören; hier ist das Orchester der agilere, leichtfüßigere Partner. Barenboim hingegen ist auf einen kernigen Ton bedacht, steuert in der Phrasierung deutliche Akzente an. Der Kopfsatz klingt dadurch authentisch griffig. Die hintersinnige Rhythmik des Rondos aber geht durch die kräftig betonten Etappenziele etwas verloren. Die Zugabe ist ideal gewählt, denn Debussys "Clair de Lune" ist nicht nur ein gelungener stilistischer Kontrast, sondern greift zugleich Barenboims pianistische Stärken aus dem Adagio nochmals konsequent auf, und schön ist das Stück sowieso immer.

Ob das auch für Prokofjews fünfte Symphonie nach der Pause gilt, ist nicht leicht zu sagen. Irgendwie ist die Symphonie alles auf einmal oder zumindest in permanenter Abwechslung. Melodisch, monumental, sanft, rabiat, witzig, grob. Unablässig flackern neue Klangbilder auf. Eins aber ist gewiss: Vor allem der zweite Satz ist mit seiner Farbenpracht, seinen Streicherglissandi und seiner belebten Motorik von launigem Charme und bereitet auch dem Orchester sichtlich Freude.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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