Konzert:Familienbande

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Die Brüder Cornelius Claudio und Johannes Tonio Kreusch stellen im Gasteig ihre neuen Alben vor

Von Oliver Hochkeppel, München

Vom Naturell her können Brüder kaum unterschiedlicher sein wie die beiden Söhne der Konzertpianistin und Musikpädagogin Dorothée Kreusch-Jacob. Der eine, Cornelius Claudio Kreusch, ist der Extrovertierte, der Rastlose, immer vor Ideen Sprühende, der schon wegen seiner Statur, dem wallenden Haar und den mitunter selbst designten Anzügen auffällt. Sehr früh war deshalb die Bühnenkarriere vorgezeichnet, schon als kleiner Junge war er bei den CD-Produktionen der Mutter dabei, war die Leidenschaft fürs Klavierspielen geweckt. Und für den Jazz, der sein Metier wurde. Cornelius Claudio Kreusch studierte nicht nur am berühmten Berklee College of Music in Boston (zu dem er noch heute als Alumni engen Kontakt hält), er wurde auch einer der wenigen Deutschen mit einem Standbein und kontinuierlichem Erfolg in den USA. 1997 bestritt er mit Herbie Hancock das erste Internet-Konzert überhaupt, sein Album "Scoop" war im selben Jahr die bestverkaufte Jazzplatte eines Deutschen.

Nicht ganz so schnell ging es bei seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Johannes Tonio Kreusch. Der trotz des inzwischen zugelegten "frechen" Grunge-Barts eher Introvertierte studierte erst Philosophie, bevor er sich zu einer Karriere als klassischer Gitarrist entschloss. Auch er studierte dann in den USA, an der Juillard School in New York, zeitweise teilte er sich ein New Yorker Loft mit seinem Bruder. Vor allem dank seiner wegweisenden Interpretationen von Heitor Villa-Lobos, aber auch mit stil- und genreüberschreitenden Klangmalereien sowie als erfolgreicher Leiter der Gitarrenfestivals in Hersbruck und Wertingen machte auch er sich einen Namen.

Doch so unterschiedlich sie sind, seit einigen Jahren knüpfen sie an ihre gemeinsame Studienzeit an und machen das meiste im Gleichschritt. Vom zusammen gegründeten "Kreusch Bros. Publishing"-Verlag über die Doppelspitze als künstlerische Leiter der "Ottobrunner Konzerte" bis zur gemeinsamen Rückkehr zum Münchner GLM-Label, bei dem Cornelius Claudio Kreusch vor vielen anderen Stationen einst sein erstes Album veröffentlichte - das zugleich auch das erste des Labels war. So erscheinen nun auch gleichzeitig die neuen Alben der Brüder (als Auftakt des Jubiläumsjahres von GLM, das 30-jähriges Bestehen feiert), und die beiden stellen sie nun in einem Doppelkonzert gemeinsam im Carl-Orff-Saal vor.

Cornelius Claudio Kreusch knüpft dabei an sein erfolgreiches "Black Mud Sound"-Projekt von 1994 an. Eine Band, eine Platte und eine Firma benannte er seinerzeit so, als der "Steinway Artist" seine wilden Solo-Improvisationen mit den herausragenden Begleitern Kenny Garrett, Anthony Cox und Marvin "Smitty" Smith in ein damals neuartiges Afro-Funk-Korsett einband. Auch dieses Hit-Album wird von GLM remastered wiederveröffentlicht.

Das neue, bestens in die aktuelle Soul-welle passende Album, hat Kreusch unlängst live in den New Yorker Jazzclubs "Blue Note" und "Village Vanguard" eingespielt, mit der stimmgewaltigen Soul-Sängerin Cheryl "Pepsii" Riley, Dave Jones am funkigen E-Bass und Camille Grainer am Schlagzeug. Im Gasteig wird er diesen "wilden Ritt", wie das New Yorker Magazin Time Out in einer Besprechung schrieb, diesen das Flair von New Yorker einfangenden Musik-Mix aus relaxtem Salonjazz, atemlosen Soul und aufgeladenen Rhythmen solo spielen.

Verstärkung holt sich dagegen sein Bruder Johannes Tonio Kreusch auf die Bühne: Ohne seine Frau und langjährige Bühnenpartnerin, die Geigerin Doris Kreusch-Orsan würde es bei "Tangos & Canciones" auch nicht gehen. Das der Modernen Klassik Argentiniens, Spaniens und Kubas gewidmete Projekt ist von Anfang an auf die Kombination Gitarre und Violine zugeschnitten. So hat der kubanische Komponist Tulio Peramo Cabrera nicht nur eine vierteilige Suite "Cuatro Piezas en Estilo Tradicional Cubano" eigens für die beiden geschrieben - das Werk erfährt im Carl-Orff-Saal seine Welturaufführung -, sondern auch Astor Piazzollas berühmte "L'Histoire du Tango" sowie das "Una Cancion" des Piazzolla-Schülers Anibal Troilo für die beiden arrangiert. Auch Maximo Diego Pujol schrieb "Tripticho porteño" für das Duo. Abgerundet werden CD und Konzert von berühmten Manuel-de-Falla-Kompositionen, die in dieser Besetzung freilich auch ganz neu beschwingt erklingen, dem "Danza Española No.1" aus "La Vida breve" und den "Siete Canciones Populares Espanolas". Vielleicht ist sogar noch etwas Brouwer, Albeniz oder Tarrega von Kreuschs 2001 erschienenem, ähnlich gepolten Album "Inspiracion" zu hören, das ebenfalls zeitgleich von GLM wiederveröffentlicht wird.

Cornelius Claudio Kreusch Johannes Tonio Kreusch/Doris Orsan , Donnerstag, 25. Januar, 20 Uhr, Carl-Orff-Saal Gasteig, Rosenheimer Str. 15

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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