Konzert:Eisblock'n'Roll

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Der Norweger Terje Isungset musiziert auf Wasser in gefrorener Form. Nun ist seine "Ice Music" in der White Box zu hören - in einem heruntergekühlten Saal

Von Oliver Hochkeppel

Bei den nächsten Konzerten in der White Box auf dem Werksgelände muss man sich im wahrsten Sinn des Wortes warm anziehen. Denn der Konzertsaal wird nicht beheizt, sondern gekühlt: Die Instrumente würden sonst schmelzen. "Ice Music" nennt der Norweger Terje Isungset dementsprechend, was er vor fast 20 Jahren erfunden hat: Das Musizieren auf aus Eisblöcken geschnittenen Instrumenten.

Isungset begann als Perkussionist und Komponist in der norwegischen Jazz- und Folkszene. Schnell entwickelte er eine Vorliebe für Experimente in Richtung Naturklang. Er begann auf Birkenholz, Granit, Schiefer und Schaf-glocken zu spielen und wurde "eine Mischung aus Sound-Artist und Schamane", wie er selbst sagt. Die Suche nach alternativen Klängen machte ihn zu einem der innovativsten Musiker Norwegens, was ihm neben 40 Kompositionsaufträgen für Theater und Film auch die Auszeichnung als norwegischer Jazzmusiker des Jahres wie als Komponist des Jahres einbrachte.

Perkussion in ihrer klarsten Form: Der Norweger Terje Isungset an seinem Schlagzeug und seinen Röhrenglocken aus Eis. (Foto: Emile Holba)

Lange schien sein Wunsch, auch mit "einer der kostbarsten Ressourcen, die wir haben", Musik zu machen, unerfüllbar: mit Wasser in seiner gefrorenen Form. Doch als er 1999 für das Lillehammer-Winter-Festival den Auftrag bekam, ein Konzert in einem gefrorenen Wasserfall zu spielen, nutzte er die Chance und schnitt seine Perkussionsinstrumente einfach aus dem gefrorenen Fluss: "Seine "Ice Music" war geboren. "Nicht die einfachste Art, Musik zu machen", wie er selbst sagt. Die Handschuhe frieren an seinen Eisschlegeln schon mal an, und auch die Lippen reißen mitunter, selbst wenn Lederstücke verhindern, dass sie an der Eistrompete festkleben. Das Eis will auch nicht immer in der Tonart, in der die Musiker wollen. Trotzdem nahm das Projekt immer größere Formen an: Diverse Instrumente kamen dazu, vom einfachen "Iceophon" in Form einer Marimba oder eines Xylofons und dem Eis-Schlagzeug über verschiedene Hörner bis hin zu Bass oder Harfe aus Eis. 2001 entstand das erste Album, seit 2005 betreibt Isungset sein eigenes "All Ice Records"-Plattenlabel. Seit 2006 veranstaltet er ein Eismusik-Festival in Geilo und seit 2007 geht er mit einem Tiefkühllaster auf Tour.

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Dieser wird an diesem Wochenende im Werksviertel parken. In der White Box erwarten einen dann neben ungewohnten Temperaturen auch ungewohnte Klänge. Klar und archaisch, noch verstärkt durch die starke Rhythmik sowie durch den nordisch-sphärischen Gesang und die Electronics von Isungsets Begleitern Maria Skranes und Asle Karstad. Nicht nur akustisch, sondern auch visuell ist das Konzert ein Genuss: Sind schon die Instrumente an sich faszinierend, so werden sie von Anastasia Isachsen obendrein eindrucksvoll in Lichtgetaucht und mit Videokunst begleitet. Dafür, dass nichts den Bach hinunterläuft, sorgt schließlich mit Ina Charlotte Mo eine eigene Eis-Technikerin. Eine Stunde lang darf man sich also am Freitag mit allen Sinnen mal in einen richtigen Winter versetzten; Kinder sind am Sonntag-nachmittag an der Reihe, wenn Isungset und Skranes ihnen mit Eisinstrumenten die Geschichte eines Klangfarben-Elefanten auf dem Weg in den hohen Norden erzählen.

Eismusik: Winter Songs ; Freitag, 12. Januar, 21 Uhr; Winterwonder Kids Concert ; Sonntag, 14. Januar, 14 Uhr, White Box, Atelierstraße 18, Anmeldung unter office@whitebox.art

© SZ vom 11.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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