Konzert:Ehrlich rappt am längsten

Lesezeit: 2 min

Die Münchner Hip-Hopper "Main Concept" haben ihr einflussreiches Album "Genesis Exodus" von 1998 noch einmal überarbeitet - live zu erleben im Feierwerk

Von Jürgen Moises

Viele Rapper rappen und verrappen sich", rappt der Rapper David Pe von Main Concept im Song "Wasserfarben decken nicht". Und wenn sich Rapper wie Kollegah und Farid Bang mal verrappen, dann wird in Deutschland ein Musikpreis abgeschafft, könnte man da spöttisch noch hinzufügen. Aber "Wasserfarben decken nicht" wurde bereits vor 20 Jahren auf "Genesis Exodus" veröffentlicht, dem zweiten Album der aus David Pe, Beatbastler Glammerlicious und DJ Explizit bestehenden Münchner Hip-Hop-Crew. Die war damals in Sachen Hip-Hop bereits eine Größe, während Kollegah und Farid Bang noch in der Pubertät steckten, aus der sie gefühlt bis heute nicht herauskamen. Womit die beiden "Alphas" des deutschen Hip-Hop gar nicht das direkte Feindbild sein können, das David Pe in seinen Zeilen aufmacht.

Aber Rapper, "die nichts wissen, die nichts wissen wollen", sich "wie ein Tannenbaum" schmücken und "eitel und protzig" ihren Style zusammenbauen, die gab es auch schon in den Neunzigern. Und dann waren da noch "der imposante, belesene, so noch nie da gewesene, verwegene Thesen vertretende David Pe" und Main Concept, um mit "Zu fünft unterwegs" einen weiteren Song von "Genesis Exodus" zu zitieren. Okay, das klingt jetzt ebenfalls ein bisschen alpha. Aber Posen gehört eben zum Geschäft, und es kommt bei David Pe charmant und selbstironisch, klug und mit Anspielungen auf die Bibel, Mythologie, Literatur, Mathematik oder Kunstgeschichte daher. Da ist es dann auch nicht nötig, sich als muskelbepackter Wikinger zu inszenieren.

Allenfalls ein bisschen alpha: Main Concept trotzten den Posen schon auf dem Albumcover mit Selbstironie. (Foto: Andreas Hosch)

Was dagegen auf "Genesis Exodus" zählt, das vor ein paar Tagen noch einmal neu bei 58 Beats erschienen ist und dessen 20. Geburtstag Main Concept im Hansa 39 feiern, das ist "Realness". Das heißt Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit, und dass man trotzdem seinen Spaß hat. Der hat viel mit den fetten und verspielten Beats von Glammerlicious und dem lässigen Scratching von DJ Explizit zu tun, die ihr Material dafür aus Funk, Jazz, Soundtracks oder von US-Hip-Hop-Vorbildern holten. Glammerlicious hat das ursprüngliche Album außerdem produziert. Und er hat für die Geburtstags-Neu-Edition die alten Band-Maschinen mit den originalen Musikdateien beladen, sie komplett überarbeitet, neu abgemischt und remastert. Das bedeutet konkret etwa, dass der Hall auf Stimmen und Instrumenten natürlicher klingt oder bei "Sound fürs Auditorium" die Tonhöhe der Samples transponiert wurde. Dass das Stück "Gedankenflashflowsnacks" um ein paar Zeilen verlängert wurde, während der Spaß-Track "Jodelreim Hackbrett" fehlt. Vielleicht, weil die Bayernklischees darin ein paar zu viel waren, aber wohl eher noch, weil es das damit persiflierte "Rödelheim Hartreim Projekt" aus Frankfurt nicht mehr gibt.

Stattdessen gibt es mit "Der Eine" einen neuen, zusätzlichen Track, und das mit der New Yorker Hip-Hop-Truppe Get Open eingespielte "Lyrics Like Sirup" in zweifacher Version. Was dazu führt, dass "Der letzte Dreck" nicht mehr der letzte Track ist. Ein Stück, in dem Main Concept selbstironisch die damalige Kritik an ihren Songs ("scheiße", "trocken und langweilig wie Mathe") zusammenfassen. Irgendwelche Nörgler, die das auch heute noch so sehen, mag es geben. Aber ansonsten ist "Genesis Exodus" schon längst und zu Recht als Meilenstein des deutschen Hip-Hop anerkannt.

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Main Concept: Genesis Exodus, Re-Release (58Beats), live am Do., 20. Dez., 21 Uhr, Feierwerk/Hansa 39, Hansastr. 39

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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