Kolumne: Deutscher Alltag:Die Angst der Frau vor dem Russen

Lesezeit: 2 min

Warum schleifen Frauen anno 2010 so viel Zeug in Handtaschen mit sich, dass man denken könnte, es sei 1944? Und wann kommen Männer auf diese Idee?

Kurt Kister

Jene Männer, die sich für Frauen interessieren, wissen wohl, dass Frauen von manchen Mysterien umgeben sind, die stets unergründlich bleiben. Dieses Geheimnisvolle macht einen Teil jenes Reizes aus, den ein Mann im Umgang mit einer Frau verspüren kann, und von dem er weiß, weil ihn das Leben tausendmal gebrannt hat, dass dieser Reiz nichts, aber auch gar nichts mit Vernunft zu tun hat. Männer wollen leiden, und lieber noch unter Frauen als an einem Bandscheibenvorfall.

Bundeskanzlerin Angela Merkel trägt Handtasche - ob sie auch Schuhe hortet, ist nicht überliefert. (Foto: Foto: dpa)

Eines der großen Rätsel, die Frauen aufgeben, lautet: Warum kauft sie sich dauernd Schuhe, die jenen, die sie bereits besitzt, sehr ähneln? Wie das prinzipiell ist mit den Schuhen, weiß man ja. Sie sind irgendwie ein Symbol für Geborgenheit, und andererseits ist jeder Schuhkauf so etwas Ähnliches wie ein Abendessen mit Robbie Williams oder, wenn die Frau intellektuell und eher kerzenlichtig drauf ist, ein gutes Gespräch mit Roger Willemsen. Manche Schuhe sehen allerdings so aus, als stünden sie für ein Abendessen mit Oberst Klein oder ein gutes Gespräch mit Bushido.

Für den Fall, dass der Russe kommt

Das zweite große Rätsel ist natürlich die Handtasche. Frauen schleifen auch 2010 so viel Zeug in ihrer Tasche mit sich, dass man denken könnte, es sei 1944, und man müsse stets alles Wichtige dabeihaben für den Fall, dass der Russe bald kommt.

Wie jeder weiß, der in Berlin lebt oder mal dort war, ist der Russe längst da, respektive, er ist wiedergekommen. Interessanterweise, das jedenfalls ergibt die anekdotische Beobachtung, neigt die russische Frau, jedenfalls die in Berlin, eher dazu, kleine Handtaschen zu tragen, gerne diese itsybitsygoldigen Riementäschchen, die nur wenig größer sind als ein Chihuahua.

Wenn der Mann allerdings ehrlich ist, muss er zugeben, dass er selbst immer mehr Sachen mit sich herumschleppt.

Die Taschen beulen sich

Früher trug man enge Jeans, hatte ein paar Geldscheine lose in der Hosentasche und die Marlboro-Schachtel im T-Shirt-Ärmel. Heute passen einem enge Jeans nicht mehr, weil man die wirklich tragische Veränderung im Leben des Mannes längst hinter sich hat, nämlich die von 32/32 zu 36/32. Aber man hat einen Geldbeutel, einen Schlüsselbund, einen iPod, ein Mobiltelefon und zusätzlich eine Brieftasche mit 32 Plastikkarten für Bank, Büro, Auto, Einkauf.

Das alles will untergebracht werden. Also beulen sich Sakko- und Hosentaschen aus. Wenn das Telefon klingelt, muss man sich erst einmal abklopfen, um festzustellen, wo es ist, es sei denn man trägt es nach Art des Mannes von der Hamburg-Mannheimer am Gürtel. Eigentlich bräuchte man ein Behältnis, einen Rucksack oder vielleicht eine Art Handtasche, um den ganzen Sums zu verstauen. Eine Handtasche? Eigentlich keine schlechte Idee.

© SZ vom 13.02.2010/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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