Klassische Musik:Fußnoten

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Der Musiker Felix Klieser ist Solohornist. Die Ventile seines Instruments muss er mit dem linken Fuß bedienen, denn er wurde ohne Arme geboren. Trotzdem hat er es in seiner Sparte weit gebracht, gerade ist seine neue CD erschienen.

Von Michael Stallknecht

"Fußnoten" lautete der Titel der Autobiografie, in der Felix Klieser bereits vor drei Jahren seine Geschichte erzählt hat. Wie er schon mit vier Jahren unbedingt Horn spielen wollte, mit 17 Jungstudent an der Musikhochschule in Hannover wurde. Das alles wäre schon bemerkenswert genug, wenn in diesem Titel nicht auch noch eine gute Portion Ironie steckte. Klieser ist nämlich ohne Arme geboren. Die Ventile seines Horns bedient er mit dem linken Fuß. Und wo andere Hornisten mit der rechten Hand im Trichter der berühmten klanglichen Wärme ihres Instruments noch ein wenig aufhelfen können, steht Klieser nur die Artikulation des Mundes zur Verfügung. In "Fußnoten - Ein Hornist ohne Arme erobert die Welt" kann man denn auch nachlesen, wie viel Arbeit Klieser in das von Beginn an feststehende Ziel investiert hat, ein professioneller Mitspieler im nicht allzu großen Markt der Solohornisten zu werden.

Das scheint ihm inzwischen, im noch immer zarten Alter von 26 Jahren, gelungen. Der Konzertkalender verzeichnet Auftritte mit renommierten Kammermusikpartnern und Orchestern, gerade ist bei Berlin Classics Kliesers dritte CD erschienen. Darauf zu hören ist auch das berühmte Horntrio von Johannes Brahms, das er in dieser Woche - gekoppelt unter anderem mit Robert Schumanns Adagio und Allegro für Horn und Klavier - auch live in München in der AllerheiligenHofkirche spielte. Klieser zeigte sich dort als ein äußerst reflektierter Musiker, der jeden einzelnen Ton genau durchdenkt und klanglich formt. Nie spielt er pauschal drauflos, verschmäht bei Brahms und Schumann sogar eher das fröhliche Schmettern des Horns. Der reflexiv gebrochenen Haltung beider Komponisten kommt das sehr entgegen.

Zumal Klieser dafür die richtigen Partner mit nach München gebracht hat: den elegant zurückgenommenen Matthias Kirschnereit am Klavier und den Geiger Andrej Bielow, der seinem Instrument einen biegsam singenden Klang entlockt. Es wird ein Abend der leisen, auch sanft verschatteten Töne, die Klieser im Pianobereich bis an die Hörbarkeitsschwelle auslotet und die angesichts seiner makellosen Legatokultur oft wie überirdisch im Raum zu schweben scheinen.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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