Klassik:Elegante Kämpfe

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Wenn der Klang des Instruments zum Vollmond passt, der über der Münchner Allerheiligenhofkirche scheint: Der südafrikanische Klavierkünstler Kristian Bezuidenhout begeistert mit Mozart auf dem Hammerflügel.

Von Reinhard J. Brembeck

In die Allerheiligenhofkirche der Münchner Residenz passen maximal 400 Zuhörer - und ein Hammerflügel, jenes Instrument, für das die Wiener Klassiker komponierten. Für den Hammerflügel ist die intime Hofkirche ideal, sie passt wunderbar zu seiner leisen Eleganz; ein moderner Flügel lärmt im Vergleich mit ihm wie ein Düsenjäger. Kristian Bezuidenhout, in Südafrika geboren, in Australien und den USA ausgebildet und durch seine Gesamteinspielung von Mozarts Soloklaviermusik als einer der subtilsten Interpreten dieses Komponisten berühmt, dieser Bezuidenhout hat jetzt einen ganz besonderen Hammerflügel nach München mitgebracht, der seinem Mozart-Spiel etwas bisher Ungekanntes verleiht: eine kühne Souveränität, die Bezuidenhouts Details stimmig in einem Ganzen eingliedert.

Robert A. Brown hat dieses Wunderinstrument gebaut, nach einem Originalflügel von Jacob Bertsche, einem der zahlreichen Wiener Klavierbauer kurz nach 1800. Bezuidenhout spielt viel in Moll: die c-Moll-Fantasie, die c-Moll-Sonate, das a-Moll-Rondo von Mozart, Joseph Haydns g-Moll-Sonate. Nur Mozarts ausgreifende C-Dur-Sonate von 1777 ist die Ausnahme. Doch schon hier zeigt sich die Klangmagie des Hammerflügels. Die langen Tongirlanden wirken wie von einer Fee gesponnenes Goldgarn, das schwerelos im Raum verschwebt und die Strenge der Konstruktion immer wieder zauberleicht übersteigert.

Der dunkle leichte Klang des Instruments passt gut zum Vollmond, der über Stadt steht, er taucht die Stücke in ein romantisches Flair. So klingt das Thema des Mozart-Rondos wie von Frédéric Chopin erfunden, genau so das schweifende Herumtasten der Fantasie. Bezuidenhout spielt zügig virtuos, er forciert nie, er deutet die oft herben Kontraste bei Mozart bloß an. Die sechs Pedale (ein moderner Flügel hat nur drei) erlauben ihm Verdunkelungen und Verschleierungen, die die rhythmischen Eigenwilligkeiten mystifizieren, die Eindunkelungen und Abgründe noch dunkler und tiefer wirken lassen.

Bezuidenhout erzählt Dramen, deren Helden sich ihres aussichtslosen Kampfes gegen eine feindlich lärmende Umwelt bewusst sind, aber diesen Kampf dennoch auf sich nehmen, elegant, melancholisch, siegessicher. Das ist ein zentraler Aspekt dieser Musik, der auf dem Hammerflügel hörbar wird, während er auf dem modernen Instrument so gar nicht mehr möglich ist.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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