Klassik:Daniil Trifonov sagt Konzerte ab

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Verhindern neue Regularien die Ausreise aus den USA? Für die nächsten zwei Monate hat Pianostar Trifonov Konzerte unter anderem in Baden-Baden und Verbier abgesagt. Die Gründe sind unklar.

Von Helmut Mauró

Daniil Trifonov, zurzeit der gefragteste Pianist weltweit, hat offenbar alle Konzerte in Europa für diesen Sommer abgesagt. Aufgrund neuer Bestimmungen zum Erwerb einer Green Card, einer unbeschränkten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis an seinem inzwischen langjährigen Wohnort in den USA, dürfe Trifonov das Land mehrere Wochen lang nicht verlassen, teilte der Festivalleiter von Verbier mit. Die US-Botschaft in Berlin konnte zu entsprechenden Regelungen keine Angaben machen.

Katharina Ronnefeld vom Management opus3artists, das Trifonov in Europa vertritt, wollte sich generell zu der Sache nicht äußern, sagte aber auf Nachfrage, es gehe um den Zeitraum Juni und Juli. Allerdings spielte Trifonov noch am 4. Juni in Salzburg. Die erste Absage trifft nun ein Konzert bei den Sommerfestspielen in Baden-Baden am 21. Juli. Intendant Andreas Mölich-Zebhauser hat die Kartenbesitzer in einem Brief vom 7. Juni informiert und begründete die Absage mit kurzfristig geänderten Einreisebestimmungen der USA; die US-Botschaft in Berlin bestätigte solche Änderungen jedoch nicht.

Eine Presseerklärung gab es, wie auch bei anderen Veranstaltern, erst im Verlauf der SZ-Recherchen. Inzwischen wurde auch die Website des Festivals entsprechend geändert. Beim Verbier-Festival, bei dem Trifonov vier Auftritte haben sollte, zwei davon im August, zeigt man sich tief betroffen und geht davon aus, dass die Absagen für den ganzen Sommer, also auch für August gelten. Dies beträfe dann allerdings auch drei Termine bei den Salzburger Festspielen. Auf deren Website sind die Konzerte aber weiterhin angekündigt. Das Management des Baritons Matthias Goerne bestätigte den Liederabend mit Trifonov am 11. August; Trifonovs Management habe nichts Gegenteiliges geäußert.

Üblicherweise halten Veranstalter Konzertabsagen und Programmänderungen so lange wie möglich zurück. Während sie gegen höhere Gewalt versichert sind, ist die Situation bei Absagen eines Künstlers schwieriger. Oft muss sich der Künstler selber versichern, um etwa im Krankheitsfall nicht Schadenersatz zahlen zu müssen. Im Falle geänderter Visa- und Aufenthaltsbestimmungen ist die Sache noch schwieriger. Trifonov hat nach Angaben seines Europa-Managements seine Konzertverträge vor zwei Jahren unterschrieben, was angesichts der Nachfrage nach dem Wunderpianisten eher kurzfristige Engagements sind.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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