Kino:Weniger ist mehr

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Zum elften Mal "Filmzeit Kaufbeuren": Beim abgespeckten Autorenfilmfest im Allgäu sind Spielfilme, Dokumentationen und Experimentelles aus aller Welt zu sehen

Von Vivian Harris

Was passiert in naher Zukunft? Bröckelt die moderne Demokratie? Welche Ängste gibt es in totalitären Systemen? Diese Fragen stellen sich gerade viele der jungen Filmemacher beim Festival Filmzeit Kaufbeuren. Passenderweise ist das Motto in diesem Jahr "Da schau her!" Die Hinterfragung von Freiheit und Überwachung in Zeiten von Internet und einer meinungsspaltenden Politik ist laut Festivalleiterin Birgit Kern-Harasymiw der auffälligste Trend bei den diesjährigen Einreichungen. Manche der Filmemacher gehen damit dramatisch um, andere verarbeiten ihre Gefühle auf komödiantische Art. Für diese kreative Vielfalt steht die Filmzeit Kaufbeuren. Die Werke reichen von Spiel- und Dokumentarfilmen über Trick- und Animationsfilme bis hin zu Kunst- und Experimentalfilmen. Als Roman Harasymiw das einwöchige Festival vor elf Jahren gegründet hat, kam es ihm einfach auf gute Qualität an, nicht auf ein bestimmtes Thema oder Genre. Ziel sei es schon immer gewesen, einen Dialog über den gesellschaftspolitischen Einfluss des Mediums Film zu schaffen.

Auf Qualität kommt es den Veranstalter auch in diesem Jahr an: Die Zahl der Einreichungen ist zurückgegangen - von über 600 auf etwa 400. Die Reduzierung des Festival-Filmangebots wurde aber ganz bewusst herbeigeführt, durch eine Einreichungsgebühr, die zum ersten Mal erhoben wurde. Damit sollte gewährleistet werden, dass sich die Filmemacher, von denen viele aus China, Russland und Brasilien kommen, aktiv mit dem Allgäuer Festival auseinandersetzen.

Insgesamt 62 Filme aus der ganzen Welt werden im Corona Kinoplex und Stadttheater Kaufbeuren gezeigt. Davon treten 28 der Kurzfilme, die zwischen vier und 31 Minuten lang sind, beim Hauptwettbewerb, dem Jury- und Innovationspreis, an. Darunter ist zum Beispiel Moritz Binders Komödie "Death is so permanent", in der er Kindheitsanekdoten seines Vater verarbeitet. Oder, ganz anders, "Augenblicke", ein Animationsfilm, der in vier Minuten die Ausmaße eines Angriffs auf offener Straße schildert. Im vergangenen Jahr gab es hier noch fünf Filmblöcke mit jeweils 100 Filmminuten, dieses Jahr wurden die Blöcke auf vier gekürzt. So bleibe mehr Zeit für das Rahmenprogramm, das weiter ausgebaut wurde.

Neben den Kurzfilmen werden bei der elften Festival-Auflage auch drei Langfilme gezeigt, und zum ersten Mal gibt es Literaturlesungen. Unter anderem mit den Jurymitgliedern Axel Ranisch und Thilo Wydra. Ranisch diskutiert über seinen Roman "Nackt über Berlin", Wydra liest aus seinem Portät "Ingrid Bergman - ein Leben" vor. Dazu gibt es auch noch eine Vorführung des Hitchcock-Klassikers "Berüchtigt", in dem die schwedische Schauspielerin mitspielt.

Mit der "Filmzeit International", bei der 16 Filme im Originalton mit deutschen oder englischen Untertiteln gezeigt werden, startet das Festival am Montag, 1. Oktober. Außerdem gibt es die "Kinderfilmzeit" und die "Doku Filmzeit" mit dem Komponisten Christian Bruhn, über den die Doku "Meine Welt ist die Musik" gedreht wurde. Bereits vor Beginn der Festivalwoche eröffnete das Stadtmuseum Kaufbeuren die Ausstellung "Woven Memories" mit der diesjährigen Buronale-Videokunstpreisträgerin Rose Stach aus München und ihrer Video-Installation "Resistance".

Filmzeit Kaufbeuren ; 1. bis 7. Oktober, Corona Kinoplex und Stadttheater, Kaufbeuren, Infos unter www.filmzeitkaufbeuren.de

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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