Kino:Der Spion, der mich sitzen ließ

Lesezeit: 2 min

Von Normalo-Bürgerinnen zu Badass-Bräuten: Kate McKinnon und Mila Kunis jagen als Ersatzagentinnen um die Welt. (Foto: Hopper Stone/SMPSP)

Mila Kunis und Kate McKinnon müssen in der Action-Komödie "Bad Spies" als James-Bond-Ersatz herhalten.

Von Carolin Werthmann

Am Anfang ist es nur ein Computerspiel, in dem Audrey (Mila Kunis) auf kleine Menschlein zielt. Mit der Plastikpistole in der Hand und einem Bildschirm vor der Nase, der ihre Schüsse im virtuellen Raum verpuffen lässt. Sie ahnt nicht, dass sie wenige Stunden später mit einer echten Pistole auf echte Menschen zielen wird, genauso wenig wie sie ahnt, dass ihr Freund Drew gerade über die Dächer von Vilnius flüchtet, vor Verfolgern, die ihn töten wollen.

Regisseurin Susanna Fogel schneidet diese Szenen zu Beginn ihrer Actionkomödie "Bad Spies" parallel. Zuerst Explosionen, Schüsse und Stunts im Stil von "Mission Impossible", dann Herzschmerz, Alltagsfrust und Frauengespräche zwischen Audrey und ihrer besten Freundin (Kate McKinnon). Denn der Freund wird schnell zum Ex-Freund. Er macht Schluss. Und zwar per SMS!

Die beste Freundin - sie heißt, kein Witz, Morgan Freeman - schlägt vor, seine Sachen zu verbrennen. Sie finden eine billige Sport-Trophäe, die sich als USB-Stick entpuppt, und erfahren, dass Drew ein Spion ist. Plötzlich steht er vor der Tür, beteuert, er habe Audrey nur verlassen, um sie zu schützen, er stecke in Schwierigkeiten. Schnell zieht er die beiden - zur falschen Zeit am falschen Ort - in eine Kriminalaffäre der CIA, und die Heldinnenreise vom Normalo-Leben unschuldiger Bürgerinnen zum Agentinnen-Alltag zweier Badass-Bräute beginnt.

Die Melange erinnert an Genre-Geschwisterfilme wie "Kiss & Kill" mit Ashton Kutcher, der einen Spion spielte, ohne seiner neuen Flamme etwas zu verraten. Oder "Taffe Mädels" mit Sandra Bullock und Melissa McCarthy als Agentinnenduo in einer ähnlichen Konstellation wie Audrey und Morgan: die eine brav, die andere derb, und trotzdem, oder gerade deshalb, unzertrennlich.

Susanna Fogel schickt ihre Heldinnen auf eine Odyssee von Los Angeles über Wien, Prag und Budapest nach Amsterdam Paris, Berlin, Tokio und Moskau. Beeindruckende Kulissen, die Kameramann Barry Peterson als Postkartenmotive einfängt, die Champs Elysée, das Deutsche Technikmuseum und die Jugendstilarchitektur Wiens werden zu Illustrationen wie aus Urlaubskatalogen.

Audrey und Morgan heizen im gestohlenen Wagen durch die Altstadt Budapests, verfolgt von Männern, die den USB-Stick haben wollen, den Drew hinterlassen hat. Mit viel Geschrei schaffen es die Amerikanerinnen mehr zufällig als geplant, sich aus der Schießerei im Wiener Kaffeehaus zu befreien oder der Folter einer russischen Akrobatik-Künstlerin zu entziehen. Aus den Dilettantinnen werden abgebrühte Killerinnen in 007-Manier, skrupellos, wenn es gilt, ihre Gegner zu eliminieren oder auch mal den Daumen eines Mittelsmannes abzuschneiden, um dessen Fingerabdruck für ihre Zwecke zu gebrauchen. Vor Brutalität scheut sich die Regisseurin nicht. Für eine Komödie sind die Zweikämpfe und Schießereien ganz schön blutig und grausig. Aufgeschlitzte Mädchen, verbrühte Gesichter, ein von Kugeln und Messern durchbohrter Taxifahrer. Den Rest dominiert der Anspruch, komisch zu sein. Zum Beispiel wenn Audrey und Morgan daran scheitern, ein Auto zu stehlen, weil es eine Gangschaltung hat.

Wenn man es schafft, über diese etwas merkwürdige Mischung aus Klamauk und Thriller hinwegzusehen, kann man sich von "Bad Spies" zumindest auf der Action-Ebene gut unterhalten lassen, die Stunts, Autojagden und Explosionen sinf fast auf Bond-Niveau. Der 007-Film "Der Spion, der mich liebte" mit Roger Moore war wohl nicht umsonst das Vorbild für den Originaltitel von "Bad Spies": "The Spy Who Dumped Me", der Spion, der mich sitzen ließ.

Aber bloß weil Frauen das Steuer übernehmen, werden hier natürlich noch lang keine Genrekonventionen gebrochen. Die beiden Ladys werden ähnlich stereotyp inszeniert wie viele männliche Kinokollegen in testosterongesteuerten Agenten-Eskapaden. Wie in knallbuntes Bonbonpapier verpackt, haftet dem Film etwas Artifizielles an, die Farben zu satt, das Schauspiel zu künstlich und immer ein Stück zu sehr darauf getrimmt, lässig und unnahbar zugleich zu sein.

The Spy Who Dumped Me , USA 2018 - Regie: Susanna Fogel. Buch: Susanna Fogel, David Iserson. Kamera: Barry Peterson. Mit: Kate McKinnon, Mila Kunis, Justin Theroux, Dustin Demri-Burns, Sam Heughan. Studiocanal, 117 Minuten.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: