Kino:Cineastische Streifzüge

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Beängstigende Freiheit: Kirsi (Elena Radonicich) ist eine der wenigen verbliebenen Menschen in der postapokalyptischen Welt des Films "In My Room". (Foto: Pandora Film)

Das Filmmuseum holt "Deutsche Filme 2018" zurück auf die Leinwand

Von Josef Grübl, München

Filmbestenlisten sind eine feine Sache. Meist erscheinen sie zum Jahreswechsel, vor allem beratungsaffinen Zuschauern helfen sie bei der Programmauswahl. Das Dumme dabei ist nur, dass es viel zu viele solcher Listen gibt: Was die einen als furchtbar mies einstufen (denn natürlich gibt es auch Schlechtlisten), finden andere gut, besser, am besten. Wem also sollte man vertrauen? Am besten gleich mehreren Listenerstellern, rät das Münchner Filmmuseum: Wie in den vergangenen Jahren hat man drei Kritiker um ihre Top-Ten-Jahreslisten deutscher Filme gebeten. Und wie in den vergangenen Jahren weichen diese Listen voneinander ab, hat doch jeder Kritiker andere Präferenzen. Aber es gibt auch Überschneidungen in der Auswahl von Bert Rebhandl, Margret Köhler und Ralf Schenk. Auf Christian Petzolds Verfilmung von Anna Seghers' Roman "Transit" konnten sich alle drei Kritiker einigen: Der Film eröffnet an diesem Freitag um 18.30 Uhr die Reihe im Filmmuseum.

Für die Zuschauer dürfte es eine der letzten Gelegenheiten sein, die ins Marseille von heute verlegte Erzählung über Exilanten und existenzielle Bedrohungen auf der großen Leinwand zu sehen: Petzolds Film wurde im Februar 2018 in den Wettbewerb der Berlinale eingeladen, kurze Zeit später lief er auch regulär im Kino und konnte im Lauf des Jahres etwas mehr als 100 000 Zuschauer anlocken. Das ist für einen fordernden Film wie diesen durchaus solide, auf der Bestenliste der kommerziell erfolgreichsten deutschen Filme des Jahres 2018 taucht "Transit" aber trotzdem nicht auf. Diese wird angeführt von Literaturverfilmungen wie Caroline Links "Der Junge muss an die frische Luft" (mittlerweile mehr als drei Millionen Zuschauer) und auf bekannten Vorlagen basierenden Kinderfilmen wie "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" (1,8 Millionen) oder "Die kleine Hexe" (1,6 Millionen).

Im Programm des Filmmuseums sucht man diese Hits vergebens, auf den Bestenlisten der Kritiker tauchen sie nicht auf. Es gibt sie eben immer noch, die Trennlinie zwischen kommerziellem Kino und sogenannten kulturellen Filmen, die meist auf Festivals laufen, risikofreudig sind und offen für Experimente. Die Reihe im Filmmuseum zeigt auch Produktionen, die im regulären Kinobetrieb keine Chance hatten, Volker Koepps "Seestück" etwa oder Wolfgang Fischers "Styx". In beiden Filmen zieht es die Menschen hinaus ins Unbekannte, in die Weiten des Meeres. In die Berge geht es dagegen in der psychedelischen Schauerstory "Hagazussa - Der Hexenwahn" von Lukas Feigelfeld: Sein Film spielt im späten Mittelalter, in einem Bergdorf wird eine Frau verdächtigt, eine Hexe zu sein. Etwas bekannter sind da schon die beim Deutschen Filmpreis 2018 mehrfach dekorierten Filme "In den Gängen", "Der Hauptmann" oder "3 Tage in Quiberon", in dem Marie Bäumer als vom Leben gezeichnete Romy Schneider brilliert.

Apropos Filmpreis: Am 20. März gibt die Deutsche Filmakademie ihre Nominierungen für die Verleihung am 3. Mai 2019 bekannt. Aus der Reihe im Filmmuseum dürfen sich Andreas Dresens Musiker-Biopic "Gundermann" oder der eingangs genannte "Transit" Hoffnungen auf einen Preis machen; sie stehen auf der bereits veröffentlichten Vorauswahlliste. Warum Ulrich Köhlers vergangenes Jahr nach Cannes eingeladene Robinsonade "In My Room" auf dieser Liste fehlt, wissen vermutlich noch nicht einmal die Akademiemitglieder. Immerhin hat es der Film, in dem sich Hans Löw in einer menschenleeren Welt zurechtfinden muss, auf die Bestenlisten der Kritiker geschafft und läuft im Filmmuseum.

Deutsche Filme 2018 , Freitag, 8. März, bis Mittwoch, 3. April, Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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