Jugendroman:Krieg ist die Hölle

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Morton Rhue erzählt die Geschichte eines jungen Amerikaners, der, an Körper und Seele versehrt, aus dem Krieg im Nahen Osten nach Hause zurückkehrt.

Von Florian Welle

"Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin." Jeder kennt den Slogan, er ist und bleibt ein frommer Wunsch, leider. Aber warum wird ein junger Mensch heutzutage immer noch Soldat? Es ist diese Frage, die der bekannte Jugendbuchautor Morton Rhue in seinem jüngsten Werk "American Hero" für sein eigenes Land, das eine Freiwilligen-Armee besitzt, zu beantworten sucht. Wie immer schont der Autor von "Die Welle" oder "Ich knall euch ab!" seine Leser dabei weder inhaltlich noch sprachlich. "American Hero" ist hart und direkt, eines der wichtigsten Jugendbücher dieser Saison.

Im Mittelpunkt steht der 20-jährige Jake Lidell, der als Held nach einem Auslandseinsatz zurückkehrt. In einem Gefecht gegen Aufständische - Rhue vermeidet es, den Krieg genau zu verorten, schreibt stattdessen nur von "drüben" - riskiert er sein Leben, um einen verwundeten Kameraden zu retten. Dabei zieht er sich etliche Wunden zu. Während diese heilen werden, erholt sich seine Seele nicht so schnell. Gräuelbilder verfolgen ihn: Wie sein Kommandant depressiv wird und sich erschießt. Wie Zehnjährige vom Gegner als Soldaten verheizt und Freunde von Minen zerfetzt werden. Ausgerechnet er aber soll ein Held sein? Was, so fragt sich Jake, den man überall feiert, ist ein Held überhaupt?

Wie viele Soldaten tablettenabhängig, zieht er sich mehr und mehr zurück und stellt sich die Frage, warum er sich einst, anders als viele Mitschüler, zur Armee gemeldet hat. Die Antwort: Weil sein Großvater ein verdienter General ist. Weil sein Vater auch bei der Armee ist, wenn auch nur in einem Bürojob. Er führt die Familientradition fort, will sich beweisen. Doch der Preis, den er dafür zahlt, ist hoch.

Morton Rhue macht aus seiner grundsätzlichen Ablehnung des Krieges keinen Hehl. Als Motto hat er dem Roman ein Zitat von William Sherman, einem General des Sezessionskrieges, vorangestellt - "Krieg ist die Hölle" -, und die in Rückblenden ausführlich geschilderten Gefechte setzen diese Hölle in Sprache um. Der Autor zeigt aber auch Verständnis für diejenigen, die sich für die Armee entschieden haben. Einer meldet sich aus Pflichtgefühl, ein anderer, damit seine Freundin mit der Anwerbeprämie ihre Schulden bezahlen kann. Vor allem "Minderheiten und finanziell Benachteiligte", heißt es einmal, "setzen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ihr Leben aufs Spiel." Armee oder nicht Armee ist also auch eine soziale Frage.

Ein simples Für und Wider gibt es nicht. Einen Hauptadressaten für Rhues Kritik indes schon. Es sind die "Junior Reserve Officer Training Corps", die Amerikaner an mehr als 3000 weiterführenden Schulen derzeit auf eine Militärkarriere vorbereiten. Insgesamt eine halbe Million junge Menschen, angeworben mit verlogenen Versprechen und mit Geld. Aber alleingelassen mit ihren traumatisierten Seelen, wenn sie aus dem Krieg zurückkommen, der nichts mit Abenteuer oder Computerspielen zu tun hat. Sondern die Hölle ist: "Es gab nichts, was einen darauf vorbereitet hätte." (ab 14 Jahre)

Morton Rhue : American Hero. Aus dem Englischen von Nicolai von Schweden-Schreiner. Carlsen Verlag, Hamburg 2018. 176 Seiten, 10,99 Euro.

© SZ vom 25.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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