Die Erfahrung von Heimatlosigkeit begründet für Boiko und Reich den jüdischen Humor. Im reichen Neurosengarten voll von Selbstironie, überfürsorglichen Müttern und Minderwertigkeitskomplexen pflücken die Jewish Monkeys die Blumen für ihr Klischeebouquet. Sie sind vulgär, sie provozieren, sie jagen ihre Hörer aus den gemütlichen Komfortzonen des Lebens.
Und sie bringen sie zum Tanzen. Denn die Klezmer-Kapelle auf der Überholspur ist vor allem eine phantastische Live-Band im Punk-Modus. Die Posaune feuert heiße Salven auf die Sänger, die Gitarre schubst die Band mit ihrem drängenden Offbeat in Richtung Ska. Noch stärker als auf ihrer neuen Platte überwältigen live Raserei und Tollheit die Tradition. Am Bühnenrand gerieren sich die Sänger Reich, Boiko und Zaidner währenddessen als moderne Widergänger der Marx Brothers. Auch ihre Bühnenfiguren sind bis ins Klischee überzeichnet.
Jossi Reich gibt den Clown, die überlange Krawatte schlackert mit den Knien um die Wette. Roni Boiko, den Reich nur Dr. Boiko nennt, ist der geschniegelte Intellektuelle, seine Hosenträger sitzen so perfekt wie sein Hut. Mit aufgeknöpftem Hemd mimt Zaidner sein Gegenstück, den blassen Verführer. Beinahe zwei Stunden lang hetzen, schunkeln und hüpften sie kürzlich bei ihrem Auftritt im Münchner Atomic Café durch ihre Songwelten. Man begegnet Jossl, dem verschmähten Juden, den seine Freundin für einen blonden Goy verließ. Oder dem Erzähler aus "Caravan Petrol", der seinen Solar-Energie-Fanatismus für das Geld und die Tochter des Ölscheichs aufgibt. Auf dem anarchischen Höhepunkt des Abends schicken Reich, Boiko und Zaidner das berühmte "Banana Boat" von Harry Belafonte in den Mittleren Osten, um der Region endlich den Frieden zu bringen.
Aber auch der Humor der Jewish Monkeys kennt Grenzen. Bei Rassismus und Gewalt sei Schluss, sagt Boiko. Trotzdem dankt Reich im Booklet zur CD dem Führer. Allen Sittenwächtern des Landes, die nun in Schnappatmung verfallen, sei ein Blick hinter das Booklet empfohlen. Dort haben die Jewish Monkeys ein verdrehtes Zitat der britischen Arctic Monkeys versteckt: "Whatever people say they are, that's what they're not." Und jetzt bitte lachen.