Jazz:Junge Musiker im Praxistest

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Die Unterfahrt liefert wieder den würdigen Rahmen für die Abschlusskonzerte des Jazz Instituts der Musikhochschule

Von Oliver Hochkeppel, München

Immer schneller geht alles im Internet-Zeitalter. Auch für junge Musiker hat es die Ausbildung radikal verändert: Nahezu die komplette Musikgeschichte ist heutzutage in Sekundenbruchteilen verfügbar, das didaktische Instrumentarium hat sich professionalisiert und in sämtliche Richtungen erweitert. So verfügt der Jazz-Nachwuchs über Kenntnisse und Fähigkeiten, wie das noch vor zwei Jahrzehnten undenkbar war. Wenn das Jazz Institut der Münchner Hochschule für Musik und Theater seine Abschlusskonzerte veranstaltet, dann kann man also mehr erwarten als ein ungelenkes Vorspiel von Studenten, vielmehr sind da bereits jahrelang in der Praxis gestählte junge Virtuosen mit staunenswertem Können und absoluter Hingabe am Werk.

Nur logisch, dass die Unterfahrt, bekanntlich einer der besten Jazzclubs Europas, seit nunmehr fünf Jahren einige seiner begehrten Termine für diese Abschlusskonzerte herausrückt. Eine Win-Win-Situation, schreibt doch die Prüfungsordnung öffentliche Abschlusskonzerte vor; in der Unterfahrt finden diese nun einen würdigeren und vor allem praxisnäheren Rahmen als zuvor in den Räumen in der Arcisstraße und im Gasteig, wo sich selten jemand anderes als Freunde und Verwandte dazu einfanden. Die Münchner Jazz-Fans wiederum bekommen bei den von den Institutsleitern Claus Reichstaller und Michael Riessler handverlesenen Konzerten - es gibt immer mehr Kandidaten als Termine - gleichzeitig einen Vorgeschmack auf das, worauf sie sich in den kommenden Jahren freuen dürfen.

Zum Beispiel auf den Schlagzeuger Ruben Lipka und den Bassisten Martin Brugger, beide energetische Vertreter ihrer Rhythmusgruppen-Fächer, die wie so viele junge Musiker Einflüsse aus allen möglichen Genres einfließen lassen: Brugger etwa kommt vom Post-Rock und von der elektronischen Musik, die er nun mit World Jazz à la Don Cherry oder Ravi Shankar rekombiniert. Jeweils drei Prüflinge präsentieren sich an drei Abenden, neben Lipka und Brugger bestreitet der Gitarrist Paul Brändle den ersten Abend. Der am klassischen Modern Jazz orientierte Brändle hat sich im Trio mit Sebastian Gieck am Bass und dem Schlagzeugveteran Rick Hollander bereits ebenso in der bayerischen Jazzszene etabliert wie die beiden Trompeter Vincent Eberle (mit seinem Quintett) und Johannes Schneider (unter anderem mit der Jazzrausch Bigband) oder der Schlagzeuger Marco Huffner mit seiner Fusionband Ark Noir, die eine knappe Woche später in den Ring steigen.

Der letzte Abend steht zunächst unter dem Motto "Rare Instrumente". Denn das ist die Geige im Jazz immer noch - zu Unrecht, wie der Deutsch-Peruaner Gustavo Strauß mit seinen Kompositionen für Band mit Streichquartett und Einflüssen von Bartok über Hardbop bis zu Folk und Drum'n'Bass beweisen wird. Auch männliche Sänger sind hierzulande eher die Ausnahme: Maximilian Höcherl hat nicht nur klassische Crooner-Qualitäten (wie unlängst bei "Charlie and his Orchestra" im BR zu erleben), sondern ist ein stiloffener Stimmexperimentator, der obendrein über Sprachtalent und Charisma verfügt. Zum Schluss geht es dann doch ums Klavier: Der bereits preisgekrönte amerikanische Pianist Sam Hylton schließt eher puristisch den Kreis

Abschlusskonzerte des Jazzinstituts der Hochschule für Musik und Theater München, Mittwoch, 1. Juni, Dienstag und Mittwoch, 7. und 8. Juni, 20.30 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstr. 42

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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