Jazz:Hochtourig

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Nils Wülker ist passionierter Bergsteiger und erfolgreicher Jazz-Trompeter. Inzwischen wohnt er in München und belebt die hiesige Musikszene

Von Oliver Hochkeppel

Wie man sich für einen Aufstieg rüsten muss, damit kennt sich Nils Wülker aus. Ist er doch seit vielen Jahren passionierter Bergsteiger und "Fachübungsleiter für Hochtouren" beim Deutschen Alpenverein. Erstaunlich für einen, der aus Bonn stammt, in Berlin studierte und zwölf Jahre in Hamburg lebte - wäre da nicht die Oma im Allgäu gewesen. Und erstaunlich angesichts eines Berufes, bei dem man sich - abgesehen vom Streben nach oben - kaum vorstellen kann, wie er mit Alpinismus zusammengeht: Wülker ist neben Till Brönner Deutschlands erfolgreichster Jazz-Trompeter.

Dass Wülker nun seit zwei Jahren in München lebt, hat indes kaum mit dem Jazz und auch nur im Nebeneffekt mit der Nähe zu den geliebten Bergen zu tun, sondern einen noch romantischeren Grund: Die Liebe hat ihn an die Isar geführt. Die hiesige Szene wird sicher noch davon profitieren, und nicht nur die Jazzszene. Ist Wülker doch musikalisch einer der Offensten, was wohl auch damit zu tun hat, dass der 40-Jährige den Jazz überhaupt erst mit 16 entdeckt hat. Da geriet er als Austauschschüler in den USA voll in die Acid-Jazz-Welle: "Bands wie die Brand New Heavies, Incognito oder Us3 haben mich elektrisiert. Und dann hat mir jemand Miles Davis vorgespielt, das hat mich umgehauen." Die Trompete, die er bis dahin ganz klassisch erlernt hatte, wurde nun für ganz andere Wege interessant. Und es ging schnell: Parallel zum Studium an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler spielte er im Jugendjazz-Orchester NRW, dann im Bundesjazz-Orchester, in der RIAS Bigband sowie im avantgardistischeren Thärichens Tentett seines Dozenten Nicolai Thärichen.

"Und dann hat mir jemand Miles Davis vorgespielt, das hat mich umgehauen", sagt Nils Wülker. (Foto: David Königsmann)

Schon sein Debütalbum 2002 war ein Paukenschlag: Auf "High Spirits" spielten nicht nur US-Stars wie Gene Calderazzo und Orlando LeFleming, es erschien als erstes Album eines deutschen Jazzers bei Sony. Doch gleich darauf - nächster Paukenschlag - verließ Wülker den Major wieder, um sein eigenes Label "Ear Treat" zu gründen. Seine nächsten fünf Alben produzierte er da, ohne dass ihm jemand in seine Kompositionen und Konzepte oder bei Gastmusikern wie Torun Eriksen oder Dominic Miller hereinredete. So perfektionierte er in Ruhe seinen Stil: Stets melodische, meist pop-nahe Songs, getragen von seinem "goldenen", reinen Ton, groovend unterlegt, aber immer mit Raum für Improvisation.

Diese Musik nicht nur für Jazzer musste nur noch entsprechend verbreitet werden, "Up" musste es gehen, wie beim Bergsteigen. So unterschrieb Wülker 2015 bei Warner, und das so benannte Debüt erreichte mit Platz 55 in den Charts und Auszeichnungen wie dem Echo Jazz und dem "Hans" als Hamburgs Musiker des Jahres dieses Ziel. Jetzt ist er "On", wie das neue Album heißt, das an den Top 30 der Pop-Charts kratzte und die Jazz-Charts wochenlang anführte. Ein Resultat seiner Wiedererweckung und Neubetrachtung der House-Einflüsse seiner Frühzeit und der konsequenten Zuwendung zu Hip-Hop-Elementen. Nicht nur experimentiert Wülker erstmals mit Effekten und Elektronik, er holte sich für den Entwicklungsprozess auch das Produzententrio The Krauts, das hinter den Erfolgen von Seeed, Peter Fox, Miss Platnum und Marteria steckt. Und vertraute die Endbearbeitung Ralf Christian Mayer an, dem Produzenten von Mark Forster und Clueso.

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Mit seiner exzellenten Band (etwa mit dem Wiener Sänger Rob Summerfield und dem Gitarristen Arne Jansen) spielt Wülker modernen Hybrid-Jazz, der gut ins (in der Sommerpause neu gestaltete) Ampere passt.

Nils Wülker , Mo., 18. Sep., 20.30 Uhr, Ampere

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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