Jazz:Die Saat geht auf

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Mit EBE-Jazz bekommen Ebersberg und Grafing ein internationales Musikfestival. Das schmückt sich mit prominenten Künstlern wie Ron Carter und Chris Potter

Von Oliver Hochkeppel

Die meisten der eingesessenen Jazzfestivals in Bayern haben sich aus ganz kleinen Pflänzchen entwickelt. In Ebersberg und Grafing setzt man nun gleich einen richtigen Baum. Mit mehr als 25 Veranstaltungen samt einigen Weltstars geht es vom 13. bis 22. Oktober beim "EBE-Jazz 15" zur Sache. Möglich ist so ein Wagnis nur, wenn viele an einem Strang ziehen. In diesem Fall ist es neben den wohlwollenden Kommunen und dem sanft fördernden Freistaat vor allem die eigene Szene, namentlich die Grafinger Jazz-Initiative, der Verein Altes Kino Ebersberg, die Musikschule und der Grafinger Kulturverein.

In gewisser Weise hat der Bassist Josef Ametsbichler von der Jazzinitiative vor vielen Jahren den Boden bereitet: Von 1997 bis 2004 veranstaltete er die Ebersberger "Jazzdays", die sich einen beachtlichen Ruf erwarben und die Jazz-Saat im Landkreis streuten. Dass sie nun gleich in einem "Internationalen Jazzfestival" aufgeht, hat aber doch die meisten überrascht. Für das Internationale ist insbesondere der in Kirchseeon geborene Bassist Martin Zenker als künstlerischer Leiter verantwortlich, der bei der ersten Pressekonferenz per Videokonferenz aus Ulan Bator zugeschaltet wurde. Er baut derzeit an der dortigen Musikhochschule mit dem Goethe-Institut einen Fachbereich Jazz auf; vorher war er jahrelang Professor an der Universität in Seoul in Südkorea. Insbesondere seinen Kontakten hat das Festival in Ebersberg die amerikanischen Top-Acts zu verdanken: die Bass-Legende Ron Carter und den Saxofonisten Chris Potter.

Doch der Miles-Davis-Begleiter Carter, der mit all den ganz Großen wie Antonio Carlos Jobim, Thelonious Monk, Quincy Jones oder Herbie Hancock gespielt hat, und Potter als vielleicht prominentester Saxofonist der mittleren Generation im All-Star Trio mit dem Brad-Mehldau-Bassisten Larry Grenadier und dem makellosesten aller aktuellen Drummer Eric Harland sind nur die Spitze des Ebersbergs, pardon Eisbergs. Wenn es nach Ametsbichler, Zenker und den Co-Initiatoren und -Organisatoren Joachim Jann und Frank Haschler geht, dann ist für jeden etwas dabei, vom Jazzkenner über den normalen Musikinteressierten bis zum bislang noch gänzlich Unbeleckten. Dafür setzt man auf alle möglichen Spielarten des Jazz und veranstaltet neben den regulären Konzerten auch Jam-Sessions, Filmvorführungen, einen Aktionstag der Musikschule, einen Crossover-Abend, eine Jazz-Messe sowie eine begleitende Foto-Ausstellung im Klosterbauhof.

So legt auch die Jugend zur Eröffnung vor, in Gestalt des Landes-Jugendjazzorchesters, das zusammen mit der Ebersberger Nachwuchstruppe The Jazz-Hipsters auftritt. Das Nu-Jazz-Projekt Enders Room des Weilheimer Saxofonisten Johannes Enders mit seinen Ambient Sounds dürfte ein ebenso breites Publikum ansprechen wie die brodelnde Afrobeat-Jazztruppe Soleil Bantu des Perkussionisten Biboul Darouiche oder die schottische Soul-Jazzband The Katet. Traditionsbewusste sollten den Jazz-Frühschoppen mit Doc Scanlon's Cool Cat Combo, die Jazz-Messe mit Gospelchor nicht verpassen. Der Jazzkenner freut sich insbesondere auf den österreichischen Gitarristen Karl Ratzer, der trotz seiner einzigartigen Vibratotechnik und seines unerreicht fetten, immer mit Blues vollgesogenen Sounds auch noch nach 40 Jahren ein Geheimtipp ist. Und auf den Abschlussabend mit Jam Session und dem großen, lange in Baldham wohnenden Bebop-Saxofon-Meister Leszek Zadlo und seinem Blue Monday Quintet.

Zu erleben ist all das im Alten Kino, im Alten Speicher, im Café Zimtblüte, in der Musikschule, in der evangelischen Kirche, im Rathaussaal und in der Turmstube Grafing, die damit eröffnet wird. In Zukunft freilich soll sich das Festival im zweijährigen Turnus auf den ganzen Landkreis ausweiten. Der Baum darf also noch wachsen.

Internationales Festival "EBE-Jazz 15", Di. bis Do., 13. bis 22. Okt., verschiedene Spielorte in Ebersberg und Grafing, www.kultur-in-ebersberg.de , 08092/25 59 205

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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