Jazz:Beschwingte Geburt Jesu

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Am Drücker: Stephan König schrieb nicht nur Bachs Weihnachtsoratorium jazzig um, er gab auch am Flügel die Impulse. (Foto: oh)

Im Herkulessaal erklingt Bachs Weihnachtsoratorium "in Jazz"

Von Oliver Hochkeppel, München

Für manche gibt es ohne Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium keine richtige Weihnachtszeit. Was insbesondere für Musiker gilt wie die Sängerin Andrea Fessmann. Auch die an der Münchner Musikhochschule ausgebildete Tölzerin hat, ob in ihrer Karriere als Solistin, als Mitglied des Konzertchores des Bayerischen Rundfunks oder mit den seit 1986 von ihr geleiteten Chören und Ensembles, dieses 1734/35 uraufgeführte, populärste geistliche Werk Bachs oft gespielt und lieben gelernt. Seit langer Zeit verspürte sie nach jeder Aufführung außerdem den Wunsch, dieses Werk mal anders zu erleben: in einer Jazz-Version.

Gemeinhin gilt der große Improvisator Bach seit Jacques Loussier als "swingend". In Wahrheit sträuben sich die fast mathematischen Kompositionen gegen Bearbeitungen, und gerade bei einem Chorwerk wird es wirklich vertrackt. So blieb es lange beim Traum - bis Fessmann als Intendantin der Iffeldorfer Meisterkonzerte dort 2012 den Leipziger Pianisten Stephan König mit seinem Projekt "Bach in Jazz" zu Gast hatte. Davon begeistert fragte sie ihn, ob er nicht auch das Weihnachtsoratorium in dieser Art bearbeiten könne. König dachte "länger darüber nach, denn das ist natürlich etwas anderes als einzelne ,Bach in Jazz'-Nummern mit Solist und Jazz-Trio" - sagte dann aber zu.

Der in Halle und Leipzig klassisch ausgebildete Berliner Stephan König ist Spezialist für Grenzgänge zwischen Klassik und Jazz, wofür die Zusammenarbeit mit ähnlich stilübergreifenden Musikern wie Richard Galliano, Nigel Kennedy, Lyambiko, Florian Poser oder auch dem ensemble amarcord steht, genau wie die Projekte mit den eigenen Ensembles LeipJazzig-Orkester und Kammerorchester artentfaltung. Wer sich von der Güte seiner ebenso gegenüber den Vorlagen respektvollen wie tatsächlich vom Geist des Jazz geprägten Interpretationen überzeugen will, kann sich auf Youtube seine großartige Verjazzung von Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung" anschauen. So war ihm nun beim Weihnachtsoratorium wichtig, "die Geschichte zu erzählen und eine Variante zu finden, das Original nicht nur zu bearbeiten, sondern einen neuen Bogen zu spannen". So stehen bei der aus den Kantaten 1 bis 3 und 6 gespeisten Auswahl nur ganz behutsam in Instrumentierung, Harmonik oder Rhythmik veränderte Original-Passagen neben sehr freien, neuen Teilen, die auch improvisatorische Freiheit lassen.

Umsetzen dürfen dies nun im Herkulessaal neben Königs Jazz-Quartett der von Andrea Fessmann geleitete (und sehr Weihnachtsoratorium-erfahrene) Klangkunst Chor und das Iffeldorfer Bachorchester. Samt den unverzichtbaren Gesangssolisten, von denen hier zwei exzellente aus jedem Genre dazustoßen: Aus der Klassik Kammersänger Martin Petzold, der als Tenor nicht nur Mitglied des Thomaschors war und unter Dirigenten wie Kent Nagano oder Kurt Masur gesungen hat, sondern auch schon einst bei Königs "Bach in Jazz" dabei war. Und Sopranistin Katja Stuber, die ebenfalls schon vor etlichen großen Orchestern gesungen hat. Vom Jazz der junge, mit mehreren Förderpreisen bedachte Bass (der aber auch in anderen Lagen singen kann) Maximilian Höcherl, der zum Beispiel bereits bei der Revue "Charlie and his Orchestra" überzeugen konnte. Und schließlich Anna Holzhauser, die nicht nur als Jazzsängerin, sondern auch als Dozentin, Songwriterin und Arrangeurin tätig ist. Bei der Generalprobe klatschte sich das Publikum jedenfalls schon die Hände wund.

Weihnachtsoratorium in Jazz , Dienstag, 9. Januar, 20 Uhr, Herkulessaal, Briennerstraße 1

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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