Infrastruktur:Schnäppchen

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Die Stadt Venedig verkauft einen von zwei Flughäfen zum Preis eines Kleinwagens. Leider sind 300000 Euro Schulden im Preis inbegriffen. Und man muss den Flughafen erhalten.

Von Thomas Steinfeld

In Venedig gibt es zwei Flughäfen. Der eine liegt auf einer Aufschüttung vor dem Festland. Dort startet und landet der internationale Flugverkehr. Der andere liegt auf dem Lido, der Insel vor Venedig, und stammt aus dem Ersten Weltkrieg. Nach der Schlacht von Caporetto wurde dort die erste italienische Flugstaffel stationiert. Ihr Befehlshaber war der Dichter Gabriele d'Annunzio. Nur eine Bahn besitzt dieser Flughafen. Sie ist knapp einen Kilometer lang und besteht aus Grasnarbe. Doch wurde der Flughafen von San Nicolò al Lido nach jenem Krieg zum Verkehrsflughafen Venedigs. In den Fünfzigern allerdings diente er nur noch den Sportflugzeugen - mit derselben Grasnarbe, aber mit einem prächtigen Empfangsgebäude. So liegt der Flughafen heute noch dort, und die Gebäude wirken, als hätte man sie nie angetastet. Manchmal landet George Clooney auf diesem Flughafen, denn die Filmfestspiele finden gleich um die Ecke statt.

Die Stadt Venedig beschloss vor Kurzem, ihre Anteile an diesem Flughafen zu verkaufen - das sind 51 Prozent, der Rest gehört der Betreibergesellschaft des internationalen Flughafens. Sie verlangt dafür lediglich 26 000 Euro. Im Preis inbegriffen sind Schulden in Höhe von 300 000 Euro und die Pflicht, das Gelände als Flughafen weiterzuführen. Bürgermeister Luigi Brugnaro legt nach Angabe seiner Sprecher "großen Wert auf die Stärkung der internationalen Beziehungen, und das ist ein Schritt in diese Richtung". In der Nachbarschaft liegt die Ruinenlandschaft des Ospedale del Mare, eines kurz nach 1900 errichteten Krankenhauses, und das seit fünf Jahren leer stehende Grand Hôtel des Bains, in dem Thomas Manns Novelle "Tod in Venedig" spielt und wo Luchino Visconti den gleichnamigen Film drehte. Die Bauten blieben ungenutzt zurück, als nach Beginn der Finanzkrise eine Immobilienspekulation platzte. Die Frist zum Einreichen der Angebote für den Flughafen lief vor einigen Tagen ab. Es gibt nur zwei Bewerber. Venedig muss nun entscheiden, wie es weitergeht.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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