Hip-Hop:Selbstbewusst selbstkritisch

Lesezeit: 1 min

Der Fürther MC Johnny Rakete kommt in die Milla

Von Martin Pfnür, München

Der "Battle-Rap" gehört zweifelsohne zu den eher derberen Spielarten des Hip-Hop. Geht es hier doch vor allem darum, das Gegenüber mit technisch ausgefeilten Reimen und kreativen Beleidigungen in den Boden zu stampfen. "Dissen" nennt sich diese Form des Austeilens, mit der man einerseits die Rap-Fähigkeiten und die Glaubwürdigkeit des Kontrahenten in Frage stellt, andererseits die eigenen "Skills" im Hinblick auf Intelligenz, Potenz, Sprachgewalt und Cannabis-Konsumvermögen preist.

Diese verbalen Boxkämpfe waren es auch, mit denen der Fürther MC Johnny Rakete, inspiriert von Deutschrappern wie Samy Deluxe oder Kool Savas, vor einigen Jahren seinen Weg in den Hip-Hop fand. Was dann doch etwas erstaunt, wenn man bedenkt, dass der Mann mit dem Rapunzelhaar und der Nerdbrille eigentlich Angriffsflächen für zwei bietet. Und doch ficht ihn das nicht an. "Wenn ich zu einem Battle antrete, sehe ich den Leuten oft schon an, was sie denken", sagt er. "So nach dem Motto ,Was will der Hipster-Vogel denn hier? Der kann doch bestimmt nichts.' Das ergibt dann immer einen schönen Überraschungsmoment. Weil ich am Ende halt doch was kann."

Johnny Rakete, der Rapper mit Rapunzelhaar (links), und sein Produzent Hawk One. (Foto: Milla)

Gemessen an seinem Schaffen lässt sich Letzteres definitiv unterstreichen. Beweist er als MC doch mit seiner an Douglas Adams urkomische Science-Fiction-Roman-Reihe "Per Anhalter durch die Galaxis" angelehnten EP-Trilogie einen Sprachwitz und einen Mut zur Selbstreflexion, wie man ihn im Hip-Hop eher selten vorfindet. "Mein Manager meinte irgendwann, ich müsste auch mal etwas anderes tun, als nur zu battlen", sagt Rakete. Das mag recht lapidar daherkommen, erweist sich allerdings im Hinblick auf die Inhalte, die hier verhandelt werden, als großartiger Ratschlag. Wo eine Vielzahl an Rappern nämlich kaum über die Dicke-Eier-Attitüde reiner Selbstbespiegelung hinauskommt, geht Rakete zu den feinen Oldschool-Beats des Berliner Produzenten Hawk One längst auch offenherzig mit seinen inneren Dämonen ins Gericht.

Von den schmerzhaften Abgründen des Hinterhersehnens ("Michelle") über die Zukunfts-Ungewissheiten als Musiker ohne Mainstream-Erfolg ("Gib Auf") bis hin zur Beratungsresistenz als Überzeugungskiffer ("Nein Nein") wird man hier über ebenso geschmeidige wie kluge Raps durch die Biografie eines Künstlers geschleust, der sich zwar mittlerweile einer soliden Fan-Gemeinde erfreut, angesichts seiner Fähigkeiten jedoch durchaus noch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

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Johnny Rakete, Samstag, 16. Dez., 20.30 Uhr, Milla, Holzstraße 28

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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