Hip-Hop:Lieber mischen als mauern

Lesezeit: 2 min

DJ Sepalot macht nach dem Aus seiner Hip-Hop-Gruppe "Blumentopf" weiter. Mit einem neuen Quartett setzt der Münchner alte Elektro-Stücke organisch um

Von Jürgen Moises

Als Künstler oder Musiker muss man es aushalten können, dass man im Grunde niemals fertig ist. Dass man nie zufrieden ist und es das perfekte Werk, den perfekten Song nicht gibt. "Man muss akzeptieren, dass Musik zu machen auch nur wie ein Foto ist", so beschreibt es der Münchner Musiker, DJ und Produzent Sebastian Weiss-Laughton alias Sepalot. "Es ist so, wie es in diesem Moment ist, und natürlich würde man den Song ein Jahr später ganz anders schreiben." Der ehemalige DJ der deutschlandweit geschätzten, vor zwei Jahren aufgelösten Hip-Hop-Truppe Blumentopf spricht da aus jahrelanger Erfahrung. Und dass bis auf ihn und Roger alle anderen Blumentöpfe aktuell keine Musik mehr machen und etwa Schu unter die Baumfäller gegangen ist, kann er sehr gut verstehen. Weil der Baum, der ist dann "einfach abgeschnitten. Fertig".

Für ihn selbst war ein Ausstieg aus dem ewig unfertigen Musiker-Dasein aber kein Thema. Weil er seinen "Frieden damit gemacht" hat, wie er sagt. Weil ihm klar geworden ist, dass Musik einfach sein "Ding" ist. Und weil ihm bewusst ist, dass die permanente Unzufriedenheit letztendlich auch der Motor für das eigene Schaffen ist. Genau dieses hat nun einen neuen Dreh, "einen neuen Zyklus" bekommen, wie das neue, zunächst nur online erhältliche Live-Album auf Englisch heißt, das er am Freitag mit seinem Sepalot Quartet im Club Milla vorstellt.

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Auch das Quartett selbst ist ziemlich neu. Viermal konnte man die Musiker bisher erleben: bei einer Warmup-Show am Chiemsee, bei den Dachauer Jazztagen, beim Hamburger Reeperbahn-Festival sowie in der Goldenen Bar in München, wo "A New Cycle" auch aufgenommen wurde.

Insgesamt zehn Lieder sind darauf zu hören, die alle bereits auf Solo-Alben von Sepalot erschienen sind, für die neue Quartett-Besetzung aber noch einmal komplett neu arrangiert wurden. Was laut Sepalot so einiges an Umdenken erfordert hat. Denn die früheren Stücke waren im Wesentlichen Elektronik-Basteleien, die durchaus schon mit "echten" Stimmen und Instrumenten kombiniert waren, aber das sehr reduziert und mit einem Club-tauglichen Flair. Jetzt gibt es ebenfalls Samples, die Sepalot beisteuert, während er außerdem noch einen Plattenspieler, Synthesizer und ein Fender-Rhodes-Piano bedient. Der Rest wurde auf Trompete, Gitarre, Bass und Schlagzeug eingespielt.

Für sein Quartett hat Sepalot, der dieses als Projekt "in einer abstrakten Form schon lange" in seinem Kopf hatte, wie er sagt, die perfekten "Puzzlesteine" gefunden, damit "etwas Ganzes", etwas Größeres entsteht. Gemeint sind damit: der Schlagzeuger und Sänger Fabian Füss, mit dem er schon vor Jahren durch internationale Clubs gezogen ist und "der sowohl Jazz als auch programmierte Musik" versteht. Florian Kreier, der Bass spielt und singt, als Musiker mit Hip-Hop sozialisiert wurde und sich als Angela Aux mit experimentellen Folk einen Namen gemacht hat. Und Matthias Lindermayr an Trompete und Gitarre, der Jazz studiert, aber auch Erfahrungen in Indiebands gesammelt hat und der als Musiker sonst mit seinem eigenen Quintett, mit Projekten wie Fazer oder der Monika Roscher Big Band unterwegs ist. Zwischen all diesen Polen oder Puzzlesteinen und in der Nähe von Acts wie Maribou State oder Bonobo würde Sepalot sein Quartett musikalisch auch verorten, und das mit dem Bewusstsein, dass die Genregrenzen heute sowieso vollkommen fließend sind. Dass es statt "komischer Sachen" wie "Hip-Hop meets Classic" wie noch in den Nullerjahren heute kaum noch benennbare Genre-Mischungen gibt. Und dass das "doch etwas Grundpositives" ist, "in Zeiten, in denen es eh zu viele Grenzen und Mauern gibt". Für ihn selbst fühlt sich die neue Konstellation auf jeden Fall so natürlich an, dass er bereits über ein neues Album nachdenkt. Aber davor wird das Sepalot Quartet im kommenden Februar und Mai erst einmal auf Deutschland-Tour gehen.

Nicht von oben herab behandelt Sepalot (am Mischpult) seine neuen Mitmusiker. Der ehemalige Blumentopf-DJ agiert hier im Kreise Gleichberechtigter: Florian Kreier (Bass), Matthias Lindermayr (Trompete) und Fabian Füss (Schlagzeug). (Foto: Milla)

Sepalot Quartet , Album-Veröffentlichungskonzert, Fr., 2. Nov., 20.30 Uhr, Milla, Holzstr. 28

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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