Hertzkammer:Filigran verzirpt

The Exaltics aus Jena live in der Roten Sonne

Von Martin Pfnür

Es war eine fantastische alternative Erzählung schwarzer Geschichte, die James Marcel Stinson und Gerald Donald mit ihrem Electro-Projekt Drexciya kreierten. Konsequent darauf bedacht, ihre eigene Identität zu verschleiern, schufen die Musiker aus Detroit einen Mythos, der den Afrofuturismus à la Sun Ra auch ins Elektronische überführte. Im Zentrum ihrer Erzählung, die sich vor allem über das Booklet des Albums "The Quest" entspann, steht mit dem Unterwasservolk der Drexcyaner eine Population, die einst aus skrupellos von Sklavenhändlern über Bord geworfenen schwangeren afrikanischen Frauen hervorging und somit Motive aus der Science-Fiction, der Sklavenbefreiung und des Atlantis-Mythos in sich vereint.

Ebendiese Lust am Verschmelzen von Musik und Mythos ist es auch, die Robert Witschakowski seit jeher inspiriert. Als The Exaltics steht der stets maskierte Produzent aus Jena für einen dunklen, filigran verzirpten Starkstrom-Electro mit Verstrebungen in Richtung Detroit-Techno, Acid und Ambient, der jenem des 2002 nach dem frühen Tod von Stinson aufgelösten Duos ziemlich nahekommt. Zum einen rein klangästhetisch. Zum anderen aber auch konzeptuell wie etwa in Form des Albums "Das Heise Experiment 2", das sich vortrefflich mit dem zugehörigen Sci-Fi-Comic des Zeichners Mehdi Rouchiche alias Godspill ergänzt. Kein Wunder, dass sich Gerald Donald darauf unter dem Pseudonym Rudolf Klorzeiger ebenso wiederfindet wie auf dem sphärischen Vorgänger "Project STS-31-Spiralgalaxie", den er als Heinrich Mueller gemeinsam mit Witschakowski einspielte. Das Adjektiv "fantastisch" darf man hier übrigens gerne auch als Superlativ verstehen.

The Exaltics , Samstag, 10. August, 23 Uhr, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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