Gut Nantesbuch:Inspirierendes Idyll

Lesezeit: 3 min

Das Gut Nantesbuch bei Bad Heilbrunn soll zu einem Treffpunkt für Schulen, internationale Künstler und Wissenschaftler werden. Die Stiftung Nantesbusch, die Susanne Klatten gründete, rechnet jährlich mit 100 000 Besuchern. (Foto: Manfred Neubauer)

Mit einem Ort der Begegnung will die Unternehmerin Susanne Klatten den Wert von Kunst, Kultur und Natur schärfen. Eine sinnliche Landpartie zu einem "wahrlich starken Flecken Erde"

Von Sabine Reithmaier

Die kleine Straße schlängelt sich sanft aufwärts. Oben auf der Kuppe neben dem Parkplatz wartet schon Daphne, eine freche Bronzefigur von Markus Lüpertz. Sie würdigt den Besucher keines Blickes, sondern blickt sinnend über ihn und das weite Tal hinweg in die Berge. So ein Empfang ist selten in einem Weiler, wie Karpfsee in der Nähe von Bad Heilbrunn (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) einer ist. Ein bisschen ahnt man schon, dass der Ort hier ungewöhnlich ist und kraftvoll. Susanne Klatten jedenfalls spürt diese Kraft bereits, wenn sie hierher fährt und irgendwann den Punkt erreicht, an dem sich die Landschaft zu den Bergen hin öffnet. "Damit öffnen sich meine Sinne und zugleich finde ich auch zu mir selbst."

Das war wohl auch der Grund, warum die BMW-Erbin das Areal erwarb und entschied, einen unverwechselbaren, einmaligen und vor allem allgemein zugänglichen Ort der Begegnung mit Kunst und Natur zu schaffen. Die ersten Gebäude werden an diesem Samstag mit einem großen Eröffnungsfest eingeweiht.

Die Natur ist in dieser traumhaften Lage allgegenwärtig. Die Kunst aber auch. In der Eingangshalle des "Langen Hauses" trifft man unvermutet auf ein Mobile Kaarina Kaikkonens: 30 bunte Hemden, die unterm Dachstuhl flatternd himmelwärts streben, jedes Hemd eine Erinnerung an seinen ehemaligen Träger. Klatten hatte lange gesucht, bevor sie diesen "wahrlich starken Flecken Erde" (Klatten) fand und 2012 von der Stadt München kaufte. 320 Hektar Wald, Wiesen- und Moorlandschaft mit zwei historischen Gehöften, dem Gut Nantesbuch und der Hofstelle Karpfsee. Erst gründete sie die Stiftung Nantesbuch, deren Ziel es ist, das Bewusstsein für den Wert von Kunst, Kultur und Natur zu schärfen. Dann machte sich die Unternehmerin daran, die Hofstelle Karpfsee wiederzubeleben.

Der größte Eingriff, den der Architekt Florian Nagler vornahm: Er verlegte die Ortsverbindungsstraße, die bis dahin mitten durch das Hofgelände geführt hatte, nach hinten. Die zwei großen Stallgebäude verknüpfte er mittels eines durchgehenden Dachs zum "Langen Haus", schuf ein schlichtes, aber ansprechendes Gebäude mit viel Holzkonstruktionen, aber auch unterschiedlich verputztem Mauerwerk. Der südliche Teil ist weiter für die Landwirtschaft reserviert, der nördliche steht dem künftigen Seminarbereich offen. 14 Zimmer, 28 Betten - auf Menschenmassen ist das alles nicht angelegt, im großen Saal haben 130 Personen Platz. "Wir wollen hier nur so viele Leute haben, wie es das Gelände verträgt", sagt der Stiftungsgeschäftsführer Konstantin Reetz. Die vergangenen drei Jahre nutzte die Stiftung nämlich bereits, das Gelände zu erkunden und erste behutsame Veränderungen vorzunehmen, Landschaftspflege und Moorenaturierung inklusive. Irgendwann soll der Bach auch wieder mäandern dürfen, schließlich geht es Susanne Klatten darum, die Urelemente dieses Orts als kostbares Gut zu schützen.

Aber sie möchte, dass jeder Besucher hier etwas mitnimmt, was er woanders nicht findet. Möglich ist das bei den "Erkundungen", wie die begleiteten Wanderungen heißen. Sie zielen nicht nur auf reine Naturerfahrung ab, sondern werden angereichert durch die Begleitung von Künstlern, Christoph Brech wandert zum Beispiel am 15. Juli mit. "Es geht uns um alle Formen künstlerischer Äußerung", unterstrich Klatten. Musik, Tanz, Literatur gehören ebenso dazu wie Kunst oder Philosophie.

Die Seminare richten sich in erster Linie an Lehrer, Erzieher und Künstler. Da Klatten der Meinung ist, Kinder könnten gar nicht früh genug Kunst begegnen, bietet die Stiftung auch Kindersamstage an, an denen der Nachwuchs einen Tag mit bildenden Künstlern oder Musikern arbeitet. Geplant ist ein Literatur- und Musikfest (22. bis 24. September). Raoul Schrott hat schon zugesagt, bei "Moosbrand" mitzuwirken, aber auch Sybille Canonica, das Kuss-Quartett oder die Band Franui.

Auch wenn die Kunst mit exemplarischen Stücken schon überall im Haus vertreten ist, so sei das doch nicht mehr als ein Präludium, sagte Andrea Firmenich, ebenfalls Geschäftsführerin der Stiftung und zuständig für Klattens "Altana Kunstsammlung". Die Sammlung, die mehr als 600 Werke zeitgenössischer Kunst zum Thema "Natur" umfasst, soll in naher Zukunft im Gut Nantesbuch eine Heimat findenl. Die ersten baulichen Überlegungen laufen bereits, es sei ein "sich entwickelndes Projekt". Auf einen Zeitpunkt will sich die Stiftung noch nicht festlegen.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: