Großformat:Tamo Kunz und Seth Turner

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"Der goldene Handschuh" von Fatih Akin feiert Weltpremiere auf der Berlinale. Hier zeigen die Setdesigner, wie sie die legendäre Kiezkneipe und die Wohnung des Serienmörders Fritz Honka nachgebaut haben.

Von David Steinitz

Am Samstag feiert Fatih Akins Thriller "Der goldene Handschuh" seine Weltpremiere im Wettbewerb der Berlinale, bevor er am 21. Februar regulär im Kino startet. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Roman von Heinz Strunk, in dem er die Geschichte des Hamburger Serienmörders Fritz Honka rekonstruiert. Der missbrauchte und ermordete in den Siebzigerjahren vier Frauen, die er in der Kiezkneipe "Zum goldenen Handschuh" kennenlernte.

Für den Film haben der Szenenbildner Tamo Kunz und der Art Director Seth Turner unter anderem die legendäre Kneipe und die verwahrloste Wohnung Honkas in der Zeißstraße 74 komplett fürs Studio nachgebaut. Neben ihren Recherchen auf St. Pauli konnten sie für ihre Entwürfe auch auf Polizeifotos zurückgreifen, die nach Honkas Verhaftung entstanden sind - er versteckte die Leichen in seiner Wohnung. Auch wenn es sich um einen Spiel- und nicht um einen Dokumentarfilm handelt, war allen Beteiligten eine möglichst realistische Anmutung der Kulissen wichtig. Was in der Praxis auch bedeutete, dass das Team sich in den winzigen Nachbau der Mörderwohnung quetschen musste, deren Enge im Verlauf der Dreharbeiten zum dramaturgischen Prinzip erhoben wurde. Um den Horror und die Klaustrophobie der Erzählung zu unterstreichen, wurde die Wohnung mit jedem Mord Honkas noch mal ein bisschen kleiner gemacht. Die Wände rücken näher, es breitet sich noch mehr Schimmel aus, der Putz bröselt immer stärker von den Wänden. Alle Kulissen wurden nach Entwürfen von Tamo Kunz und Seth Turner am Computer als 3-D-Modelle umgesetzt, die wiederum die Kulissenbauer als Anleitung für die praktische Umsetzung verwendet haben. Oben sieht man Ausschnitte aus den Modellen, unten Bilder der fertigen Filmkulissen.

Auch kleinste Details wurden möglichst originalgetreu zusammengetragen. Für die Collage aus Pornoheftbildchen, mit denen Honka seine Wände zugeklebt hatte, wurden echte Ausschnitte aus den alten Magazinen verwendet. Und falls sich jemand wundert, warum in einer Spelunke wie dem "Handschuh" so saubere Gardinen an der Wand hängen - das ist kein Flüchtigkeitsfehler, sondern hat seinen historisch verbürgten Grund, wie Tamo Kunz recherchiert hat. Obwohl es in der Kneipe hoch herging und die heruntergekommenen Toiletten berühmt-berüchtigt waren, wurden die Gardinen einmal im Monat ausgetauscht und gründlich gereinigt.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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