Großformat:Mehr als das Auge sieht

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Die Landschaftspanoramen von Elmar Haardt wirken wie Gemälde. Denn bei der Arbeit benutzt er nicht nur seine Großformatkamera, sondern auch Photoshop.

Von Jörg Häntzschel

Wenn das Labor eines der Großpanoramen des Fotografen Elmar Haardt fertiggestellt hat, muss es immer eigens einen Lkw zu dessen Münchner Atelier schicken. Bei Formaten von zwei mal zweieinhalb Metern lassen sie sich anders nicht transportieren. Die Fotografien sind nicht nur groß, sie fordern auch viel Zeit. Neulich war Haardt fünf Tage in Los Angeles, um ein einziges Bild zu machen. Sieht man ihn mit seiner riesigen 8 x 10-Zoll-Kamera hantieren, scheint er der Pleinair-Malerei des 19. Jahrhunderts näherzustehen als der Fotografie von 2017. Dabei geschieht ein Großteil seiner Arbeit vor dem Computer. Für jedes Motiv nimmt Haardt viele Einzelbilder wie die oben gezeigten auf, deren Ausschnitte sich überlappen. Aus den Scans der Negative "näht" er dann mit Photoshop das finale Bild zusammen.

Denn selbst die riesigen Negative der Plattenkamera können nicht alle Bildpartien scharf darstellen. Weitwinkelobjektive würden die Dimensionen verzerren. Indem Elmar Haardt mehrere analoge Einzelbilder zu einem großen digitalen zusammensetzt, kombiniert er die Vorteile beider Technologien: Das je ne sais quoi der alten Film-Fotografie und eine Präzision, die mit analogen Mitteln nicht möglich ist. Diese Kombination macht Haardts Panoramen so überwältigend wie irritierend. Ihre Präsenz übersteigt, was wir von Bildern gewöhnt sind. Andererseits spricht aus ihnen eine merkwürdige Ruhe. Es ist, als sähe man ihnen an, dass sie mehr Zeit enthalten als eine einzige Aufnahme.

Das lässt Bilder wie diesen Blick auf das schweizerische Andermatt an Landschaftsmalerei erinnern. Doch inmitten der Naturschönheit zeichnet es in aller Schärfe auch menschliche Eingriffe nach: Skipisten, Lawinenschutz, Kasernen und die Asphaltstränge, die die Straßen über Gotthard- und Furkapass hinterlassen haben. Vorne sind die neuen Hotels zu sehen, mit denen ein Investor Andermatt in ein neues St. Moritz verwandeln will. Nur den Protesten der Bevölkerung ist es übrigens zu verdanken, dass der Ort noch existiert. Zweimal, 1920 und 1946, plante man, ihn in einem Stausee zu versenken.

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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