Großformat:Am laufenden Meter

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Als Schriftsteller und Filmemacher ist Herbert Achternbusch bekannt, als Maler weniger. Dass er Stoffe nach seinen Entwürfe bedrucken ließ, weiß heute kaum jemand mehr. Dabei gab es die sogar zu kaufen.

Von Catrin Lorch

Dass der große Herbert Achternbusch Künstler war, ein Maler, der an den Akademien in Nürnberg und München studierte, bevor er Dichter wurde, Schauspieler und Autorenfilmer, das ist heute kaum noch bekannt. Auch deswegen, weil sich Achternbusch als Künstler dem Markt entzog, nur ausnahmsweise stellte er in Galerien aus. Während die Bücher des Münchners, der am 23. November 80 Jahre alt wird, noch zu kaufen sind und seinen mehr als 30 Filmen Retrospektiven gewidmet werden, ist die Malerei seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gezeigt worden.

Die Künstlerin Eva-Maria Raschpichler hat sich nun auf die Suche gemacht nach Werken eines Künstlers, von dem sie sagt, er sei - obwohl er noch immer in München lebe - aus der Öffentlichkeit verschwunden. Seit sie als Jugendliche auf irgendeinem dritten Programm dem Werk Achternbuschs begegnete, ist sie fasziniert von ihm. Weniger von Filmen wie dem skandalösen und zeitweise verbotenen "Das Gespenst", denn von seiner "Widerständigkeit". Das Konzept zur Ausstellung "Herbert Achternbusch. Das Gespenst", die am 12. Oktober im Kunstbunker in Nürnberg eröffnet, wird von ihr knapp umrissen: "Ich zeige, was ich kriegen kann." Neben Filmen wie "Die Föhnforscher" und "Punch Drunk", die Raschpichler erst einmal digitalisieren musste, werden das dann auch einige Ballen bunt bedruckter Stoff sein.

Vorlage dafür waren Bilder wie das mehr als drei Meter hohe und fast zwei Meter breite "Rudis und Ulis Liebesversteck", das Herbert Achternbusch am 4. Dezember 1986 auf zehn Bögen Japanpapier malte. Der gesamte Zyklus, der Anlehnungen an biblische Szenen aus dem Paradies zeigt, entstand innerhalb einer Woche. Doch so anarchisch und munter die Kunst hier auftritt, inhaltlich knüpft der Zyklus an Figuren aus der Erzählung "Andechser Gulasch" an. Matthias Klein, der als einer der wenigen über den Maler Herbert Achternbusch geschrieben hat, erkennt darin die Überwindung von Auswanderungsabsichten in apokalyptischen, von atomaren Katastrophen und Kriegsangst geprägten Zeiten.

Die exotischen, leuchtend kolorierten Szenen waren nicht fürs Museum gemalt, sondern als Vorlagen für die Produktion von Stoffen. Die von der hessischen Firma Taunus Textildruck gelieferte Ware stellte Achternbusch dann auf einer Verkaufsfläche des Münchner Kaufhauses Beck aus, wo er seine Bilder unter Folien auf angeschrägten Rampen ausbreitete, die gestalterisch an die Podeste in Autohäusern angelehnt waren. Die Ballen wurden auf hohen Gestellen präsentiert und von Kunden - Achternbusch führte häufig selbst das Verkaufsgespräch - als laufender Meter gekauft. Ob sie daraus Vorhänge, Bettwäsche oder Kleidung nähten, blieb ganz ihnen überlassen und die viele Monate laufende Aktion fand schon deswegen Tausende Zuschauer, weil die Installation direkt neben einer Rolltreppe aufgebaut war.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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