Griechenland:Schöne Aussicht

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Der linke Teil von Renzo Pianos SNFCC beherbergt die Nationaloper, der rechte die Staatsbibliothek. (Foto: SNF)

Die Athener hätten gar nichts zu lachen, gäbe es da nicht das neu eröffnete Kulturzentrum. Aber warum macht der leichte, lichte Bau ihnen schon wieder Sorgen?

Von Alex Rühle

Am Donnerstagabend gab es endlich mal wieder was zu feiern in Athen. Kommt ja nicht oft vor im Epizentrum der weiterhin schwelenden Krise: Das Stavros Niarchos Foundation Cultural Center, kurz SNFCC, wurde offiziell dem griechischen Staat übergeben. Als Andreas Drakopoulos, der Vorsitzende der Stiftung Stavros Niarchos, die das Kulturzentrum bauen ließ, bei der Zeremonie die Verantwortung für das Gebäude offiziell an den griechischen Staat abtrat - der wirtschaftliche Betrieb des Kulturzentrums unterliegt künftig dem Finanzministerium - ging ein skeptisches Raunen durch die Menge: Viele haben Angst, dass der Staat das Zentrum in Grund und Boden dilettiert.

Man habe ihm Mails geschrieben, in denen der Schritt mit Sorge gesehen werde, spottete Drakopoulos in seiner Ansprache. "Man fragte uns: Muss das sein?" Einer habe geschrieben, er wolle schnell ein Foto machen, um vorher und nachher vergleichen zu können. Viele Griechen werden erleichtert sein, dass die Stiftung das Kulturzentrum erst mal für fünf Jahre weiter subventionieren wird.

Das Zentrum wird in Zukunft die neue Nationaloper und die Staatsbibliothek beherbergen, ist aber jetzt schon eines der Wahrzeichen Athens und gilt vielen als Leuchtturm der Hoffnung inmitten des allgemeinen Niedergangs. Das umliegende Viertel heißt Kallithea, schöne Aussicht. Die Aussicht gab es jahrelang nicht mehr, die Athener hatten sie sich selbst verbaut mit einer achtspurigen Autobahn direkt am Meer. Jetzt ist sie wieder da, die schöne Aussicht. Auf das weißgraue Athener Häusermeer, auf die blaue Ägäis, aber auch auf das Gebäude selbst, dessen schwebendes Flachdach leicht und dünn wie ein Segel wirkt.

Gebaut hat das Ensemble aus Licht und Glas und weißem Stahl der italienische Architekt Renzo Piano. Das Ganze hat nur wenig mehr gekostet als geplant, 617 Millionen. Es wurde, genau wie geplant, im vergangenen Sommer fertig, und es wird, anders als geplant, schon seit Monaten überrannt: Obwohl die Oper und die Bibliothek erst in den kommenden Monaten hier einziehen, haben die Griechen das Gebäude längst erobert, weil ihnen Piano hier einen Park, öffentlichen Raum und dank der riesigen Dachterrasse auch eine ganz neue Perspektive geschenkt hat. Unter anderem auf die Ruinen der Olympia-Bauten von 2004, die dem Staat hoffentlich Mahnung genug sein werden, wie man nicht mit öffentlichen Gebäuden umgeht.

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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