Geschlechtergerechtigkeit:Definiere: Frau

Lesezeit: 1 min

Frauen seien in Wörterbüchern schlechter repräsentiert als Männer, findet eine Britin: Um das zu ändern, hat sie eine Petition gestartet. Doch formt das Wörterbuch wirklich die Sprache oder ist es nicht umgekehrt?

Von Susan Vahabzadeh

Welche Ausdrücke gehören in ein Lexikon, welche nicht? Die britische PR-Managerin Maria Beatrice Giovanardi hat unlängst das Wort "woman", Frau, in Online-Lexika eingegeben, und die Definitionen und Synonyme, die ihr angeboten wurden, sind ihr sauer aufgestoßen. Ist "bitch" tatsächlich ein Synonym für "woman"? Wer braucht einen Beispielsatz, in dem die Referenz für eine Karrierefrau ist, dass sie Miss September war? Giovanardi hat bei Change.org eine Petition angelegt. Sie fordert von der Oxford University Press, alle sexistischen Synonyme und Umschreibungen zu löschen; außerdem könne es nicht sein, dass der Eintrag für "man" so viel länger sei. Knapp 30 000 Unterschriften hat die Petition inzwischen.

Katherine Connor Martin von der Oxford University Press, die das Oxford Dictionary verlegt, hat inzwischen auf die Vorwürfe reagiert: Auch abwertende und sexistische Begriffe werden weiterhin im Wörterbuch stehen, hat Martin dem Guardian gesagt, sofern sie Teil der englischen Sprache sind. Das Wort "man", erklärt Martin, habe nun einmal eine Reihe von zusätzlichen Bedeutungen - unter anderem bezeichnet es die Figur bei Brettspielen. Es wäre in der Tat eine bizarre Mission, wollte Giovanardi erreichen, dass alle Vokabeln, die man sexistisch benutzen kann, automatisch aus dem Wörterbuch fliegen.

30 000 Unterzeichner - das sind, gemessen an vielen Hundert Millionen Menschen, deren Muttersprache Englisch ist, nicht gerade viele; zumal ohnehin auch alle anderen unterschreiben durften. Nicht alle von Giovanardis Beispielen sind so offensichtliche Missgriffe wie die Miss September: Sie bemängelt in der Petition etwa den Ausdruck "little woman", den sie in der Online-Version des Oxford Dictionary gefunden hat. Dort steht allerdings auch, dieser Ausdruck sei herablassend. Formt die Sprache das Wörterbuch oder das Wörterbuch die Sprache? Martin besteht darauf, dass Wörterbücher nur dokumentieren sollen, was tatsächlich zum Sprachgebrauch gehört.

© SZ vom 19.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: