Französisches Comic-Festival:Kampf gegen den "Frauen-Comic"

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Das bekannte Comic-Festival im französischen Angoulême blamiert sich mit einer ausschließlich männlichen Kandidatenliste für seinen Grand Prix.

Von Joseph Hanimann

Noch bevor in Angoulême die Zeichenstifte gezückt werden, spritzt in Paris die giftige Tinte. In Worten. Das berühmte Comic-Festival in der westfranzösischen Stadt, das Ende des Monats beginnt, sorgt für Stichelei in der Hauptstadt. Ist der Comic ein Machomilieu? - lautet die Frage. Der Streit begann, als in der vergangenen Woche die Veranstalter des Festivals die Kandidatenliste für den diesjährigen Grand Prix bekannt gaben: 30 Männer und keine einzige Frau.

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Der Comic-Zeichner Riad Sattouf zog sofort seinen Namen von der Liste zurück, andere Kollegen folgten. In dieser reinen Männergesellschaft wollten sie nicht gekürt werden. Die Leitung des Festivals antwortete erst, sie könne auch nichts dafür, dass nur so wenige Frauen auf diesem Gebiet den Durchbruch geschafft hätten. Dann setzte sie nachträglich doch noch ein paar Damen auf die Liste, zog diese aber schließlich wieder zurück. Ihre Erklärung: Die nach Angoulême eingeladenen Zeichner sollten frei ohne Vorgabe den Preisträger oder die Preisträgerin bestimmen.

Themen und Stile als "girly" zu bezeichnen, sei eine Abwertung

Eine einzige Frau ist im Rahmen des 40 Jahre alten Festivals mit dem Grand Prix ausgezeichnet worden. Das war Florence Cestac im Jahr 2000. Die Festivalleitung habe mit ihrer Kandidatenliste die Zeichnerinnen gewiss nicht benachteiligen wollen, erklärte die nun, es sei viel schlimmer: Dass auf der Liste jemand fehlen könnte, sei ihnen einfach nicht aufgefallen. Eine solche Unaufmerksamkeit sei eine Ohrfeige für alle Kolleginnen, protestierte auch der Zeichner Joann Sfar, der sich ebenfalls von der Liste zurückzog. Unter dem Hashtag #WomenDoBD entstand auf Twitter ein Aufruf zum Boykott des Festivals.

Schon vor einem halben Jahr hatten sich 147 Zeichnerinnen zu einem Kollektiv "gegen Sexismus" zusammengeschlossen. "We do it too" lautet ihre Maxime, denn an anerkannten Virtuosinnen fehlt es auch in Frankreich nicht mehr. Zeichnerinnen wie Julie Doucet oder die Franko-Iranerin Marjane Satrapi hätten nach Ansicht vieler einen Grand Prix verdient. Es gehe nicht um Parität oder ähnliche Kleinkrämerei, betonen die Protestierenden, sondern um die Überwindung einer festsitzenden Mentalität. Einen "Frauen-Comic" gebe es so wenig wie einen "Männer-Comic", und gewisse Themen oder Stile als "girly" zu bezeichnen, sei eine Abwertung. Nachdem in Paris nun der erste polemische Dampf abgelassen wurde, kann sich das Festival in Angoulême auf weiteren Streit einstellen.

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© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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