Französische Literatur:Züge, in die niemand steigt

Lesezeit: 4 min

Warum will die Mutter nicht wissen, warum und wohin ihr Vater verschwand? Emmanuel Carrère fährt nach Russland und findet dabei die Spur, die ihn in die Dunkelzone seiner Familie führt.

Von Joseph Hanimann

Statt mit der Lektüre dieses Buchs könnte man auch mit Emmanuel Carrères Dokumentarfilm "Rückkehr nach Kotelnitsch" anfangen, der 2003 auf der Mostra Venedig lief. Man sieht dort den Autor und sein Team das Leben in der verlorenen russischen Kleinstadt filmen, einer Art großem Verschiebebahnhof, 800 Kilometer nordöstlich von Moskau mit Zügen, in die keiner steigt. "In den meisten Dokumentarfilmen tut man so, als sei das Team gar nicht vorhanden. Wir müssten genau das Gegenteil tun: Das Thema wäre nicht die Stadt, sondern unser Aufenthalt in der Stadt", sagt nun der Ich-Erzähler Emmanuel Carrère im Roman bei der Zugfahrt zurück aus Kotelnitsch und beschreibt dadurch die Erzählperspektive dieses Buchs.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: