"Moment mal, ich hol mir noch schnell ein Wasser", sagt Florian David Fitz und springt barfüßig durchs Hotelzimmer, bevor irgendeine Pressefrau ihn bedienen könnte, und macht es sich anschließend mit angezogenen Beinen im Sessel gemütlich. Für diese Frische, Direktheit und Offenheit ist der Schauspieler, Autor und Regisseur bekannt. Fast könnte man vergessen, dass der 38-Jährige nach der Hauptrolle in der Fernsehserie "Doctors Diary", seinem preisgekrönten Drehbuchdebüt "Vincent will meer" und seinem Regiedebüt "Jesus liebt dich" nicht nur ein Star, sondern auch eine ernstzunehmende Größe im deutschen Mediengeschäft ist.
Aktuell verleiht er jetzt auch dem ebenso erfolgreichen wie oberflächlichen Yuppie Conrad in Holger Haases "Da geht noch was!" einen Unterton von Menschlichkeit, von Melancholie und Herz. Er spielt darin einen Sohn, der das zerrüttete Verhältnis zu seinem Vater (gespielt von Henry Hübchen) nach etlichen Irrungen und Wirrungen verbessern kann. In Berlin sprach Anke Sterneborg mit dem Schauspieler.
Süddeutsche.de: Sind Sie denn tatsächlich schon so weit, sich die Frage zu stellen, ob Sie im richtigen Leben weilen, oder Ihr Leben eine Revision braucht?
Florian David Fitz: Dem Conrad im Film stellt sich diese Frage früher, weil er durch besondere Umstände aus seinem etwas äußerlichen Leben rausgekegelt wird. Solche Momente, in denen man unerwartet so eine Außensicht auf das eigene Leben bekommt, führen ja dazu, dass man sein Leben besser versteht. Bin ich in meinem Leben schon so weit? Natürlich stelle ich mir dauernd die Frage, ob ich das Leben lebe, das ich leben will. Es heißt doch immer, dass sich diese Frage so etwa alle sieben Jahre stellt.
Geht es da nicht auch um Entscheidungen, beispielsweise für oder gegen Fernsehen, für oder gegen kommerzielles Kino?
Selbst im Fernsehen habe ich immer versucht, nicht stecken zu bleiben und mich für alle Möglichkeiten offen zu halten. Mich als Arzt in "Doktors Diary" zu besetzen war damals auch eine ungewöhnliche Entscheidung der Produzenten. Doch gerade weil dieses Arschloch gegen den Strich besetzt war, wurde es spannend - ohne dass ich jetzt sagen will, dass ich kein Arschloch bin, aber vielleicht nicht so offensichtlich wie andere Leute... Auch Vincent (der Titelheld von Vincent will Meer, zu dem Fitz auch das Drehbuch geschrieben hat) war so eine Rolle, in der mich damals keiner gesehen hätte, das wirkte nach außen so, als ob dieser Gutaussehende jetzt mal gerne den Behinderten spielen will, der romantische Held, der sich eine Charakterrolle verschaffen will. Mein Glück war, dass ich das Buch geschrieben hatte und dadurch in der glücklichen Position war, zu sagen, "Hey, ich möchte das aber spielen, könnt Ihr Euch das vorstellen?"
In der Folge von "Vincent will Meer" haben Sie sich im Verein "InteressenVerband Tic & Tourette-Syndrom" engagiert, der Menschen helfen will, die an dieser Krankheit leiden.
Wenn man bekannter wird, kommen viele solcher Gruppen auf einen zu. Eine der Herausforderungen ist, sich da nicht vor jeden Karren spannen zu lassen, weil man dann schnell zum Getriebenen wird und nichts mehr richtig macht.
Wie verhindert man das?
Ich möchte die Dinge des Lebens noch wahrnehmen, da sage ich dann schnell so schreckliche Worte wie "innehalten", was so furchtbar kirchentagsmäßig klingt. Doch dieses Innehalten ist in meinem Alter die Herausforderung. Conrad im Film wird es ja auch von außen aufgezwungen. Das zieht sich in unterschiedlicher Weise durch alle Altersstufen, dem Vater im Film passiert das sehr viel später.
Sehen Sie diesen Conrad auch als Spiegel Ihrer Generation?
Na ja, ich weiß nicht, ob man das immer so verallgemeinern kann. Gestern war meine Generation die 'Generation Golf', die sich mit ererbten Geld bräsig vom Latte Machiato zum Hugo hangelte, heute ist sie die 'Generation Smartphone', die sich nur über Arbeit und Aktien definiert. Morgen sind wir die Wiederbesinner auf die alten Werte, die in neuer Innerlichkeit vor der Biedermanntapete den dreisprachigen Säuglingen die Brust geben. Das ist alles irgendwie wahr, aber mich interessiert ja vielmehr warum so jemand wie Conrad so verzweifelt an der Verpackung festhält. Wei er Angst hat, dass das Paket leer ist. Und darauf stößt ihn der Film. Seine Familie ist nicht toll, genaugenommen ist sie eine Katastrophe, aber leer ist sie nicht.