Filmfestival:Garnelen und Kanarienvögel

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In dem romantischen Roadmovie "Bonnie & Bonnie" von Ali Hakim laufen die Albanerin Yara (Emma Drogunova, links) und die 18-Jährige Deutsche Kiki (Sarah Mahita) ihren Familien davon, um gegen deren Widerstände ihre Liebe in Freiheit leben zu können. (Foto: "queerfilmfestival"/Edition Salzgeber)

Ob in der Wasserballmannschaft oder im Armeechor: Das "Queerfilmfestival" zeigt in den Münchner City-Kinos 16 Filme, die das Spektrum schwullesbischer Liebe behandeln

Von Klaus Kalchschmid

Mitte Oktober wird zum vierten Mal für fünf Tage das anspruchsvolle und facettenreiche "Queerfilmfestival" in München veranstaltet. Keine sechs Wochen zuvor gibt es unter demselben Namen bereits entsprechende Filme in den City Kinos zu sehen. Veranstalter ist hier kein unabhängiger Verein, der sich Filme auf der ganzen Welt aussucht, sondern der Verleih "Edition Salzgeber". Er bringt seit 30 Jahren schwullesbische Filme in die Kinos und veröffentlicht sie auf DVD.

13 Spiel- und drei Dokumentarfilme, unter anderem aus Georgien, Argentinien, Mexiko, USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Israel, Österreich und der Schweiz werden allesamt im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt. Das Spektrum des Programms reicht von lockerer Komödie wie "Die glitzernden Garnelen" über eine schwule Wasserballmannschaft, die bei den Gay Games mitmachen will, bis zu mittellangen Filmen über Missbrauch und käuflichen Sex ("Bester Mann", "Label me").

Um einen israelischen Pornostar geht es im schwächsten Film des Festivals, der leider wenig aussagekräftigen Dokumentation "Jonathan Agassi Saved My Life" des renommierten Tomer Heymann, während der wohl beste Film gleich zur Eröffnung als Deutschland-Premiere gezeigt wird: In "Als wir tanzten" wandelt der Schwede Levan Akin auf den Spuren seiner georgischen Wurzeln. Der großartige Film ist eine ebenso leidenschaftlich farbige wie ambivalente Liebeserklärung an den traditionellen Tanz und die Musik Georgiens. Er erzählt aber auch präzise und bewegend die allmählich sich entwickelnde Anziehung, ja Liebesgeschichte zweier konkurrierender Tänzer im Nationalballett: Merab und Irakli stellen an ihre plötzlich aufflammende Beziehung schmerzlich unterschiedliche Ansprüche, aber am Ende steht für den jüngeren von beiden der umfassende Befreiungsschlag. Zwei junge Stars eines Schwimmteams ("Giant Little Ones") ringen ebenso lange um ihre Freundschaft wie die beiden Mittdreissinger in "Der Blonde" von Marco Berger ("Plan B", "Ausente") brauchen, bis sie in diesem ruhigen, unspektakulären Kammerspiel eine körperliche Annäherung zulassen können. Dann beginnt eine Zeit der Irritationen und des Leidens der Titelfigur, von Gaston Ré vor allem in der Mimik außerordentlich intensiv gespielt.

"Kanarie - Kanarienvögel" über einen christlichen Chor bei den südafrikanischen Streitkräften ist zugleich sozialkritische Armee-Satire und bittersüßes, immer wieder verhindertes Coming-Out-Drama mit einer guten Prise Männerchor-Elegie, während "Nevrland" des Österreichers Gregor Schmidinger präzise die Angstpsychose eines jungen Mannes mit dem Coming Out durch das Treffen eines Internet-Dates verquickt. Die zehn Jahre mit Aufführungsverbot belegte Dokumentation von Olivier Meyrou über Yves Saint Laurent und seinen Partner Pierre Bergé ("Celebration"), "Bonnie & Bonnie", ein romantisches Roadmovie von Ali Hakim über zwei Außenseiterinnen in der niedersächsischen Provinz sowie ein Film über Leben und lesbisches Lieben der Dichterin Emily Dickinson ("Wild Nights with Emily") runden das Programm ab.

Queer Film Festival , bis Montag, 2. September, alle Programminfos unter www.queerfilmfestival.net

© SZ vom 26.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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