Filmbiografie von Thomas Alva Edison:Ausgeknipst

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Benedict Cumberbatch spielt Thomas Alva Edison, der die Glühbirne erfindet aber die Dunkelheit nichtvertreiben kann, in Alfonso Gomez-Rejons "Edison - Ein Leben voller Licht".

Von Susan Vahabzadeh

Es ist eine düstere Welt, in der Alfonso Gomez-Rejons "Edison - Ein Leben voller Licht" beginnt. Der geniale Erfinder Thomas Alva Edison (Benedict Cumberbatch) ist ein Getriebener, er hat wenig Zeit für Frau und Kinder, das Geld reicht nie für seine ehrgeizigen Pläne, und dass er dem Bankier J. P. Morgan Honig ums Maul schmieren soll, um sie zu verwirklichen, macht ihm zu schaffen. Aber seiner Vision ordnet er alles unter - die Welt soll bis in den letzten Winkel elektrifiziert und illuminiert werden, und Edison ist der festen Überzeugung, dass seinem Licht alle Dunkelheit weichen wird, dass er die Menschheit in bessere Zeiten führt.

"Edison" ist eine Art "Amadeus" in der Welt der Erfinder. Wie einst bei Mozart und Salieri funkt dem edlen Genie ein klassischer Bösewicht dazwischen. Der Lichtgestalt Edison gegenüber steht George Westinghouse (Michael Shannon), ein viel weniger begabter Erfinder - aber ein besserer Geschäftsmann. In Wirklichkeit ging es dabei nur um Gleichstrom und Wechselstrom, eine eher trockene Debatte also. Im Film wird daraus eine persönliche Fehde, vom Triumph der Glühbirne bis zur Niederlage des Genies bei der Weltausstellung in Chicago 1893. Die Ordnung von Gut und Böse hält der Film in seinen Bildern, seinem pathetischen Tonfall aufrecht, diese Dramatisierung funktioniert aber nur bedingt. Einerseits sind die Begegnungen zwischen den beiden zwar für den Film erfunden, andererseits bleibt "Edison" dann doch so nah an Tatsachen, dass weder feiger Tiermord noch die Entwicklung des elektrischen Stuhls unterschlagen wird, und beides steht der Zeichnung von Edison als guter Kraft des amerikanischen Traums im Wege. Westinghouse seinerseits ist der personifizierte Turbokapitalismus: Er will Edisons Träume verwirklichen, bloß billiger und schneller. Dazwischen springt auch noch Nikola Tesla (Nicholas Hoult) herum, der erst für Edison arbeitet und dann enttäuscht ins Westinghouse-Lager wechselt.

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Thomas Alva Edisons Lebensgeschichte ist dennoch wie fürs Kino gemacht, zu dessen Entstehung er ja auch einiges beigetragen hat. Er ist eine immer wiederkehrende Figur in der Fiktion, der Science-Fiction im Besonderen, aber nur selten eine realistische Figur. Spencer Tracy hat ihn 1940 gespielt, dann hat sich das Filmgeschäft jahrzehntelang von einem seiner Gründerväter abgewandt. "Edison" hat nun eigentlich einige Trümpfe in der Hand - den Weltstar Cumberbatch, Nicholas Hoult - und Michael Shannon, der immer meisterlich Bösewichte spielt, und einen Regisseur, der mit seinem vorangegangenen Film dem Kino ein großes Versprechen gemacht hat: "Ich, Earl und das Mädchen" (2015) war ein Publikums- und Kritikerliebling. Der Film handelt von zwei vom Kino besessenen Teenagern, die herrliche kleine Filme für eine kranke Freundin drehen; allein die Titel - "A Sockwork Orange" heißt einer - sind grandios.

Der Lichtgestalt Edison steht George Westinghouse gegenüber, als klassischer Bösewicht

Gomez-Rejons Einfallsreichtum und seinen Spieltrieb kann man auch in "Edison" sehen - es gibt Inserts und wilde Handlungssprünge, verrückte Blickwinkel und Glühbirnenparaden. Aber trotzdem wirkt das Ergebnis nicht mitreißend, nicht einmal der Moment, als Edison seine Frau verliert ist wirklich berührend. Hier wurden die Emotionen eingeebnet zugunsten eines vermeintlich höheren Ziels - einem großen Durchmarsch in der Filmpreissaison des Jahres 2017.

Dass es dazu nicht kam, lag am Produzenten: "Edison" ist einer der letzten Filme aus der Oscar-Schmiede von Harvey Weinstein, der dann kurz vor der geplanten Premiere als Serien-Sexualstraftäter entlarvt wurde und seine Firma mit in den Abgrund riss. Man kann hier noch einmal sehen, dass Weinsteins Listen für das, was ein Film alles erfüllen muss, um bei der Academy gut anzukommen, eine ziemlich wirksame Inspirationsbremse für wirklich begabte Filmemacher war. Das Pathos, mit dem hier aus der Elektrifizierung eine Art Aufklärung aus der Steckdose gemacht wird und aus dem Ringen von Edison mit Westinghouse ein Ringen um das Ideal des amerikanischen Traums - das ist typisch für die Sorte Kino, die dabei herauskam. Weniger davon hätte "Edison" bestimmt gut getan.

Benedict Cumberbatch und Tuppence Middleton in „Edison – Ein Leben voller Licht“ von Alfonso Gomez-Rejon. (Foto: Dean Roger)

The Current War , USA 2017 - Regie: Alfonso Gomez-Rejon. Drehbuch: Michael Mitnick. Kamera: Chung-hoon Chung. Mit: Benedict Cumberbatch, Michael Shannon, Nicholas Hoult, Tom Holland, Katherine Waterston. Verleih: Leonine, 103 Minuten.

© SZ vom 24.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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