Film:Statt Dschungelcamp

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(Foto: Salzgeber)

Von Anna Steinbauer

Was macht eigentlich Helmut Berger? Der Schauspieler, der einst als schönster Mann der Welt galt, Star in den Filmen von Luchino Visconti, war zuletzt vor allem durch betrunkene Fernsehauftritte und "Dschungelcamp"-Eskapaden auffällig geworden. Aber jetzt sitzt der 74-Jährige auf dem Sofa eines niedersächsischen Dorfs und trinkt Kaffee aus Omas Kornblumenservice; strampelt auf dem Hometrainer im Garten und schmust mit dem Hund. Bilder eines alternden Exzentrikers im heimeligen Familienkreis. Diese rührend unaufgeregten Aufnahmen aus Valesca Peters Doku "Helmut Berger, meine Mutter und ich", die seit Donnerstag im Kino läuft, porträtieren den Rettungsversuch einer skandalumwitterten Filmlegende durch eine norddeutsche Hausfrau. Der österreichische Schauspieler habe ein Alkoholproblem, sei pleite und wohne wieder bei seiner pflegebedürftigen Mutter, recherchierte Bettina Vorndamme. Diese Vorstellung konnte sie nicht ertragen und startete eine Art Rehabilitationsprogramm inklusive Hypnosetherapie und Landluft für Berger. Sie überredete ihre Filmemachertochter, einen Film über den abgestürzten Star zu drehen, kontaktierte diesen und lud ihn zu sich nach Hause in die Gemeinde Nordsehl ein. Berger kam - und blieb fast ein halbes Jahr.

Der schräge Film dokumentiert die Geschichte einer besonderen Freundschaft zwischen dem Schauspieler und seiner Samariterin. Es entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen den dreien, er erzählt Mutter und Tochter sein Leben. Bisweilen wird gestritten. Helmut Berger wäre nicht Helmut Berger, wenn er nicht eigene Vorstellungen davon hätte, wie seine Geschichte erzählt werden soll: "All cameras on me, now!", sagt er im Film und flirtet mit der Kamera. Unverändert eitel ist Berger noch immer. In essayistischen Zwischenpassagen übernimmt sein alterndes Ich die Regie und Berger spricht intim und selbstreflexiv über seine Liebe zu Visconti, dessen Tod und darüber, wie man zu dem wird, der man ist. Er sagt: "Im Alter haben Erinnerungen denselben Stellenwert wie in der Jugend die Träume." Behutsam erzählt das ungewöhnliche Porträt vom Altern und der Einsamkeit.

© SZ vom 09.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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