Film:Sinnlos, hart, unangemessen

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Der russische Staat macht es Filmfestivals zunehmend schwerer, dass sie stattfinden können. Zahlreiche Künstler sehen darin Zensur und fürchten um die Kinokultur im ganzen Lande.

Von Anzhelika Sauer

Der russische Präsident Wladimir Putin hat jüngst ein Gesetz unterzeichnet, das internationalen Kinofestivals die Arbeit in Russland erschwert. Organisatoren müssen fortan beispielsweise für jeden Film, der mehrmals in Kinozentren gezeigt werden soll, eine schriftliche Erlaubnis im Kulturministerium einholen. Künstler hatten gegen das Gesetz protestiert, nachdem im Januar bereits die britisch-französische Komödie "The Death of Stalin" in Russland verboten worden war. Sie befürchten, dass das neue Gesetz die Kinokultur bedroht. Das russische Kulturministerium entgegnet der Kritik, dass durch das Gesetz ausländische und russische Filme gleichberechtigt seien, denn bisher unterlagen nur Filme von russischen Regisseuren der Kontrolle des Ministeriums.

Laut dem oppositionellen TV-Sender Doschd bekommen Filme keine Freigabe, in denen etwa die Herstellung von Drogen gezeigt wird oder in denen Schimpfworte vorkommen, aber auch solche, die Extremismus verherrlichen könnten. Ohne Freigabe dürfen Filme nicht mehr als zweimal auf einem Festival gezeigt werden. Auch die Organisation der Festivals selbst wurde erschwert. So sollen künftig nur noch Festivals stattfinden dürfen, die auf einer Liste des Ministeriums geführt werden. Die Liste wird jährlich neu erstellt - die Organisatoren werden also immer wieder bangen müssen. Für einige internationale Festivals könnte dies das Ende bedeuten. Noch ist nicht bekannt, nach welchen Kriterien die Auswahl stattfindet.

Aleksej Baschin ist Leiter des Projekts "Inoekino", einer Initiative, die erfolgreiche Hollywoodfilme wie auch unbekannte Werke in russische Kinos bringt. Er beklagt die zunehmende Kontrolle durch das Kulturministerium. Der Staat habe bereits jetzt Einfluss darauf, welche Filme in Kinos gezeigt werden. Das sei "sinnlose, harte und unangemessene Zensur". Zudem fürchtet er um die Existenz seiner eigenen Initiative, denn die Erlaubnis beim Ministerium einzuholen koste viel Geld. "Wir haben den Staat nie um finanzielle Unterstützung gebeten, sondern unser eigenes kulturelles Kinoprojekt geschaffen", sagt Baschin. Nun aber habe er mit Bürokratie und hohen Kosten zu kämpfen.

Es sei sehr kompliziert, die Erlaubnis vom Ministerium für einen Film auf einem Festival zu bekommen. Organisatoren müssen etwa Dokumente zu Entstehung und Finanzierung des Films einreichen. Diese liegen jedoch meist bei den Produzenten aus dem Ausland, bei alten Filmen ist das manchmal unmöglich. Die Gebühr für die Freigabe eines Films kostet umgerechnet 700 Euro. Ein Organisator des Internationalen Filmfestivals von Sankt Petersburg, der anonym bleiben möchte, sagt, viele Festivals würden künftig für die Gesellschaft unsichtbar. Unter dem komplizierten Prozedere würden vor allem russische Filme leiden.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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