Film:Der brennende Junge

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(Foto: AFP)

2012 verbrannte sich der Tibeter Jamphel Yeshi aus Protest gegen die chinesische Besatzungspolitik. Der Regisseur Marvin Litwak setzt ihm nun ein Denkmal.

Von Anna Fastabend

Ein surreales, grausames Bild geht 2012 um die Welt. Es zeigt einen Mann, der in Flammen steht und über eine Straße in Delhi rennt. Vorbei an Exil-Tibetern, die Flagge schwingend gegen den Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao demonstrieren. Ihr Protest richtet sich gegen die fortbestehende Unterdrückung ihres Volkes. Gegen die Schließung von Klöstern und das Verbot, ein Porträt des Dalai Lama zu besitzen. Gegen Schulunterricht ohne Tibetisch und die landestypische Kultur. Gegen das Verschwinden von Oppositionellen. Gegen deren Folter und Ermordung. Doch dem Mann auf dem Foto, der Jamphel Yeshi heißt, reicht herkömmlicher Protest nicht aus. Er überschüttet sich mit Benzin und zündet sich an, damit die Weltgemeinschaft nicht mehr wegsehen kann. So wie insgesamt 150 Tibeter bis heute, allen Alters, aller Professionen. Es ist der letzte Schritt, der bleibt, weil die Religion ihnen Gewalttätigkeit anderen gegenüber verbietet. Doch nur Jamphel Yeshi wurde international bekannt. Der Grund: ein zufällig geschossenes Foto, das in Zeitungen und auf T-Shirts abgedruckt wurde. Kurz darauf reiste eine Spiegel-Journalistin nach Indien und schrieb auf, wie aus einem Bauernjungen ein Märtyrer wurde. Sein Schicksal hat den deutschen Regisseur und Drehbuchautor Marvin Litwak, Jahrgang 1986, nicht mehr losgelassen. Er entschied, daraus einen Film zu machen. Keinen Dokumentarfilm, sondern sein Spielfilmdebüt "Pawo", das an die Geschichte von Jamphel Yeshi angelehnt ist. 2013 entstanden erste Testszenen, mit denen er im Netz um Unterstützung bat. Ein Jahr später starteten die Dreharbeiten. Auch im 4500 Meter hoch gelegenen Ladakh nahe dem Himalaja. An seiner Seite Co-Regisseur Sonam Tseten, Laienschauspieler Shavo Dorjee aus Tibet und Mönche, die, von der Idee überzeugt, mitmachten. Und "Pawo", was übersetzt "Held" heißt, berührt. Der Film lief auf etlichen internationalen Filmfestivals und gewann viele Preise. Zuletzt 2017 die Auszeichnungen für den besten Film und die beste Kameraarbeit (Amin Oussar) beim Queens World Film Festival in New York. Jetzt läuft er in den deutschen Kinos und will weiter dafür sorgen, dass Jamphel Yeshi und Tibet nicht vergessen werden.

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