Erneuerung des Krimigenres:Hotlist-Preis für Cass-Verlag und Young-ha Kim

Ein koreanischer "Serienmörder" bekommt den Hotspot-Preis

Von Fritz Göttler

"Dreißig Jahre lang habe ich ununterbrochen getötet. Ich war wirklich fleißig." Byongsu Kim zieht Bilanz, ein Tierarzt, ein Ehemann und Vater, ein Serienmörder. Von seinem Wirken erzählt der Roman "Aufzeichnungen eines Serienmörders" des Koreaners Young-ha Kim, für den der Cass-Verlag aus Bad Berka eben den Verlagspreis der Hotlist erhielt - die sich den "besten Büchern aus unabhängigen Verlagen" widmet. Es ist ein subtiles Krimi-Meisterstück, das das Genre auf schwindelerregende Weise über seine Grenzen hinausführt, die Gesetze von Wahrscheinlichkeit und Logik sabotiert, die es bestimmen. Im April stand der Roman an der Spitze der Krimibestenliste von Deutschlandfunk und FAZ - wo immer öfter Krimis aus Südkorea oder Japan auftauchen.

Mit 45 hat Byongsu Kim das Morden aufgehört, nun ist er 70. Er hat Alzheimer, vergisst immer mehr Sachen, das gefährdet sein mörderisches Geheimnis. Dann taucht ein weiterer Serienmörder auf, der seine Tochter bedroht. In einem Lyrikkurs, den Kim besucht, lehrt der Dozent gleich anfangs: "Ein Dichter ist wie ein geübter Mörder. Er packt die Sprache, um sie am Ende zu erlegen." Für Byongsu Kim ist Morden eher prosaisch. Er folgt Nietzsche: "Schreibe mit Blut und du wirst erfahren, dass Blut Geist ist."

© SZ vom 08.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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