Entertainer vor Gericht:Dudu böse sein

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Erpressungen, Morddrohungen und Prügel für TV-Bosse: Entertainer Dudu Topaz, der Thomas Gottschalk des israelischen Fernsehens, wollte einfach nur seine Karriere retten.

Thorsten Schmitz

Viele Israelis schauen in diesen Tagen gebannt Fernsehen. Nicht, weil man sich für die Demonstrationen im Iran interessierte oder für den Streit zwischen Washington und Jerusalem über den Ausbau jüdischer Siedlungen. Sondern wegen Dudu Topaz.

Mit dem Comeback wird das vorerst nichts: Dudu Topaz muss sich vor Gericht für Erpressungen und Todesdrohungen verantworten. (Foto: Foto: ap)

Der tiefe Fall des 62 Jahre alten TV-Entertainers, in Israel einst so populär wie in Deutschland Thomas Gottschalk, beschert den drei großen Fernsehsendern traumhafte Einschaltquoten. Tragisch daran ist, dass Topaz genau das wollte: wieder für Schlagzeilen sorgen, Quoten einheimsen, ein Comeback feiern. Topaz hat sich nun zwar wieder ins Gespräch gebracht. Doch nicht etwa durch eine neue Fernsehshow oder Komödie, sondern mit Schlägern, Erpressungen und Todesdrohungen am Telefon.

Ausgerechnet der frühere TV-Liebling Topaz, der bis 2004 die Show "Der Erste in der Unterhaltung" moderierte, eines der erfolgreichsten Formate im kommerziellen israelischen Fernsehen überhaupt, sitzt nun nicht in der Maske und wartet auf seinen Auftritt. Topaz sitzt in einer Gefängniszelle und wartet auf den Auftakt seines Gerichtsprozesses.

Schon vor Wochen kursierten Gerüchte in den israelischen Medien, dass eine seltsame Serie von gewalttätigen Angriffen auf zwei Fernsehbosse und einen TV-Castingagenten einen sensationellen Hintergrund habe.

Als sich herausstellte, dass Topaz die Attacken in Auftrag gegeben hatte, verdrängte die Story sogar die Schlagzeilen über die iranischen Demonstrationen von den Titelseiten. Fassungslos erfährt die israelische Nation seither täglich neue Details aus dem wahren Leben des Dudu Topaz, die genauso gut dem Drehbuch einer Telenovela entstammen könnten. Topaz hatte in den vergangenen fünf Jahren keinen nennenswerten Auftritt im Fernsehen mehr.

Offiziell hatte er erklärt, er wolle jetzt ins Schauspielerfach wechseln und Dokumentarfilme drehen. Die Wahrheit aber war viel banaler: Tatsächlich hatte er keine Aufträge mehr erhalten. Alle seine Ideen für neue Komödien und Quizshows wurden von den Fernsehbossen als antiquiert und langweilig abgelehnt. Das nagte offenbar am Selbstwertgefühl des einstigen Quotenkönigs. Und so sann Topaz, der in Wahrheit David Goldenberg heißt, auf Rache.

Tätowierte Unterweltler

Er engagierte ein Team von neun tätowierten und muskelbepackten Unterweltlern, die in den vergangenen Monaten die TV-Manager überfielen oder am Telefon mit dem Tod drohten. Die Vizechefin des zweiten israelischen Fernsehsenders, Schira Margalit, die das Skript von Topaz für eine Comeback-Show abgelehnt hatte, sollte nach dem Willen des erfolglosen Moderators nicht nur verprügelt werden. Er befahl den Auftragsschlägern auch, ihr Gesicht mit Säure zu zerstören. Einem von der Polizei veröffentlichten Telefonprotokoll ist zu entnehmen, dass Dudu sich bei den Schlägern kurz nach dem Angriff auf Margalit darüber beschwerte, dass sie ihr "nur" Nasen- und Jochbein zertrümmert hätten.

In einem anderen Fall soll Topaz' Schlägertruppe die Ehefrau eines TV-Chefs am Telefon mit dem Tode bedroht und sie über angebliche Affären ihres Gatten unterrichtet haben. Immer wieder seien die Fernsehmanager auch dazu aufgefordert worden, populäre Realityshows wie "Israel sucht den Superstar" und "Big Brother" aus dem Programm zu nehmen und Topaz stattdessen eine Show moderieren zu lassen.

Der nach 30 Jahren TV-Karriere zuletzt erfolglose, zuckerkranke und kokainabhängige Entertainer sitzt inzwischen seit mehr als zwei Wochen im Gefängnis. Er hat alles zugegeben und sagte zerknirscht, er sei in letzter Zeit nicht er selbst gewesen. Die Schande nagt so sehr an ihm, dass er auch versucht hat, sich mit einer Überdosis Insulin das Leben zu nehmen. Nach seinem Selbstmordversuch wurde Dudu Topaz in eine Einzelzelle verlegt. Dort wird er seitdem Tag und Nacht von Kameras beobachtet.

© SZ vom 07.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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