Deutscher Alltag:So viel schön

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Bei Tageslicht erinnert Merkels neuer Pressesprecher Stefan Seibert an eine Mischung aus Til Schweiger und einem zu groß gewachsenen Philipp Lahm. Soviel zum Geschmack der Kanzlerin.

Kurt Kister

Es ist Sommer, die Weltmeisterschaft ist vorbei, und eigentlich hat man nichts zu schreiben. Über die Regierung will man frühestens wieder im September nachdenken, falls es die bis dahin noch gibt. Außerdem sollen sich jene Leser, die sich immer darüber beschweren, dass man voreingenommen sei gegenüber Westerwelle und Guttenberg (W+G), mal eine Woche nicht ärgern müssen.

Was macht einen guten Pressesprecher aus? Die Oper soll er mögen, Bücher soll er lesen, intelligente Leute soll er kennen und ein paar historische Daten. Stefan Seibert 2008 bei der Premiere des Films "Das Wunder von Berlin". (Foto: ap)

Vielleicht ist es ja auch mal an der Zeit, etwas Positives über W+G zu sagen, zum Beispiel, dass jeder von ihnen, je nachdem, was man für einen Geschmack hat, ein gut aussehender Mann ist. W+G zusammen sind phänotypisch eindeutig attraktiver als zum Beispiel Klaus Ernst und Gesine Lötzsch oder etwa Peter Altmaier und Norbert Lammert.

Der schönste Mann in der Regierung war Ulrich Wilhelm. Er ist noch schöner, als Schröders Sprecher Béla Anda es war, der so aussah, wie Gerhard Schröder mit dreißig hätte aussehen wollen, wäre er damals nicht ein komischer Pullover-Juso gewesen. Wilhelm geht nun fort und wird Intendant beim Bayerischen Rundfunk. Dort zählen in den Führungsetagen bisher weniger der Redfordismus als vielmehr Föhnwelle und Vollbart, was Wilhelm sicher auch reformieren wird.

Wilhelms Nachfolger Steffen Seibert ist einerseits hübscher als Peter Frey. Andererseits weiß man wenig über Seiberts Weltanschauung und Politik. Aus Berlin verlautet, dass Merkel einen Sprecher gesucht habe, der ihr den Abschied von Wilhelm, und sei es nur äußerlich, weniger schwermacht. Wenn man Seibert bei Dämmerung von hinten sieht, könnte man meinen, er sei Wilhelm. Bei Tageslicht von vorn erinnert Seibert an eine Mischung aus Til Schweiger und einem zu groß gewachsenen Philipp Lahm (die Fans beider Herren mögen diese Assoziation verzeihen; sie ist nach Artikel 5 Grundgesetz zulässig).

So ein Regierungssprecher hat es nicht leicht. Spricht er zu sehr wie die Regierung, gilt er als rückgratloser Schrat und wird von Verdi-Redakteuren aus dem ZDF oder anderen late adopters verspottet. Ist er zu selbständig, kriegt er Schwierigkeiten mit Fraktionshinterbänklern, Kanzleramtsweltveränderern und natürlich Frau Baumann, auch wenn die es nie so direkt sagen würde.

Am schlechtesten aber käme es, wenn er uninteressant wäre: Die Oper soll er mögen, Bücher soll er lesen, intelligente Leute soll er kennen und ein paar historische Daten; in Südtirol soll er schon gewesen sein und viel Wein soll er trinken können, aber auf keinen Fall darüber reden. So will es die Chefin, und wenn der Seibert das nicht kann, dann nützt es ihm auch nichts, dass er aussieht wie der Wilhelm von hinten in der Dämmerung.

© SZ vom 17.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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