Cartoon:Männer-Cartoon

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Die Zeichnerin Dagmar Gosejacob hat den Rollentausch ausprobiert und unter einem Männernamen Cartoons veröffentlicht. Prompt schafft sie es damit auf die Shortlist des Deutschen Karikaturenpreises.

Von Martina Knoben

Die Idee ist nicht neu. Sarah Bernhardt schlüpfte in Männerkleider, um Rollen wie den Hamlet zu spielen. Auch Liselotte Pulver verkleidete sich als Mann im "Wirtshaus im Spessart", ebenso wie Julie Andrews als "Victor/Victoria" in Blake Edwards gleichnamigen Film. Wenn Frauen Männerkleidung anziehen, dann ist das oft komisch, erzählt aber immer auch von der geltenden Geschlechterhierarchie.

Nun hat die Zeichnerin Dagmar Gosejacob erfolgreich ein solches Rollenspiel ausprobiert. Aus Dachma, so der Künstlername der in Düsseldorf lebenden Cartoonistin, wurde Stroisel aka Geert Stroisel Jacob, der seit August Cartoons auf Facebook veröffentlicht. Während Dachmas Arbeiten es trotz mehrfacher Einreichung nicht mal auf die Longlist des Deutschen Karikaturenpreises schafften, wurden Stroisels Zeichnungen gleich im ersten Anlauf in die Shortlist gewählt. Den Preis, den Geflügelten Bleistift in Gold, hat am Sonntag ein anderer bekommen, der Brandenburger Cartoonist Reiner Schwalme. Die Frage lässt sich dennoch stellen: Haben es Cartoon-Zeichner, bei einer Jury oder Verlegern, leichter als Zeichnerinnen?

Gosejacob ist als Feministin unverdächtig. Seit fünf Jahren veröffentlicht sie wöchentlich Folgen eines autobiografisch inspirierten Comics "Pinkmützchen" im Netz - es ist Schmunzelhumor für Brigitte-Leserinnen, bunt und harmlos wie auch Dachmas übrige Arbeiten. Stroisels Cartoons sind ebenfalls nicht zwingend preisverdächtig - aber sie sind witziger. In ihnen grantelt sich ein minimalistisch hingetuschter Eierkopf durch einen gelegentlich bizarren deutschen Alltag: "Ein WIR-KAUFEN-IHR-Auto-Zettel an deinem Neuwagen hinterlässt ein eigenartiges Gefühl".

Als Beleg für die Bevorzugung von Männern im Cartoon-Geschäft taugt das Rollenspiel also kaum. Tatsächlich sollte es auch kein Test und kein Exempel sein, sondern vor allem ein Spiel. Dass Zeichnerinnen, wie Gosejacob sagt, gern die Illustration von Kinderbüchern empfohlen wird, mag man dennoch gerne glauben.

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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