Buchmarkt:Pechschwarze Zahlen

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Eine umfassende Erhebung des amerikanischen Schriftstellerverbandes Authors Guild ergibt: In den USA liegt das Durchschnittseinkommen von Autoren mittlerweile unter der Armutsgrenze - das gilt für 56 Prozent.

Von Andrian Kreye

Wenn man die Ergebnisse einer umfassenden Erhebung des amerikanischen Schriftstellerverbandes Authors Guild herunterrechnet, ist das Durchschnittseinkommen von Autoren in Amerika in den vergangenen sechs Jahren erstmals unter die offizielle Armutsgrenze gesunken. In Zahlen heißt das: 56 Prozent aller Autoren gaben an, weniger als die 11 670 Dollar zu verdienen, die von der Regierung als Armutsgrenze für einen Einpersonenhaushalt festgelegt wurde.

Bei hauptberuflichen Autoren, die 39 Prozent der Guild-Mitglieder ausmachen, sank das Durchschnittseinkommen von 25 000 auf 17 500 Dollar, also um rund 30 Prozent. Bei Teilzeitautoren waren es bei einem Einbruch von 7250 auf 4500 Dollar sogar 38 Prozent. Den größten statistischen Einbruch verzeichneten allerdings Autoren mit 25 bis 40 Jahren Berufserfahrung, da ging es von 28 750 auf 9500 um 67 Prozent bergab, was unterm Strich belegt: Früher war tatsächlich alles besser.

Nun sind das nur Hochrechnungen und vor allem amerikanische Zahlen. Es gibt ja auch noch das zynische Argument der Meritokratie, dass nicht jeder sein Hobby auch zum Beruf machen muss und wer wirklich gut ist, sich schon durchsetzen wird. Das bekommen ja auch Musiker zu hören, deren Einkünfte im Lauf der digitalen Revolution zusammengeschmolzen sind, oder Theaterschauspieler und Orchestermusiker, deren Existenz von Haushaltsplänen der Kommunen bedroht werden.

Die deutschen Zahlen sind allerdings nur wenig besser. Laut Auskunft der Künstlersozialkasse verdienen Mitglieder des Bereiches "Wort" (zu der auch freie Journalisten, Drehbuchautoren und Dramatiker gehören) im Schnitt 19 061 Euro im Jahr (in Deutschland liegt die Armutsgrenze für Alleinstehende bei 11 749 Euro). Die Authors Guild begnügt sich aber vor allem nicht mit Zahlen, sondern nennt auch Gründe für den jähen Einbruch.

Das Internet spielt dabei nur eine Rolle. Der Zeitraum von sechs Jahren sei ganz bewusst gewählt. 2009 begann der Siegeszug der E-Books. Damals hätten nur fünf Prozent aller Käufer mindestens eine digitale Buchdatei pro Monat heruntergeladen, im Jahr 2015 seien es schon 50 Prozent. Deswegen sei die Online-Piraterie inzwischen ein Faktor, der die Einkünfte schmälere.

Genauso wichtig seien aber die Zusammenschlüsse und Aufkäufe innerhalb der Verlagslandschaft. Außerdem bedeute die Erosion des traditionellen Verlagsgeschäfts in der Regel keinen Gewinn für die Autoren. Dazu gehört die immer größere Verbreitung der Selbstverlage. Inzwischen ist aber auch die Rolle des Industriegiganten Amazon ein Problem, der ein gewaltiger Faktor in den Massenpleiten regulärer Buchhandlungen ist.

Einzig die Auswahl der Veröffentlichungskanäle und das Verhältnis zwischen Autoren und Lesern seien heute besser als je zuvor. Auch wenn man damit kein Geld verdienen kann.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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