Buch zur Wort-Herkunft:Alles okay soweit?

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Es ist das am häufigsten verwendete Wort auf unserem Planeten: O.K. Und es gibt ungefähr so viele Schreibweisen wie Theorien zu seiner Herkunft. Doch welche davon ist nun eigentlich okay/ok/O.K.?

Alex Rühle

Okay, heute mal Grundkurs, ganz basal, einer der elementaren Bausteine im Haus der Sprache. Ok bzw. O.K. bzw. Okay. Wobei es noch drauf ankommt, ob man das Wort oder die Abkürzung gerade als Adjektiv, Adverb, Nomen oder Interjektion benutzt. Okay so weit?

"O.K." war eigentlich als orthographische Witz gemeint (Foto: Getty Images)

Es war das erste Wort, das auf dem Mond gesprochen wurde. Es ist das am häufigsten benutzte Wort auf unserem Planeten. Und es ist so amerikanisch wie die Jeans: "Beide wurden im 19. Jahrhundert erfunden, und beide werden weltweit zwar im Alltag, aber nicht bei offiziellen Anlässen benutzt." So schreibt es Allan Metcalf, Englischlehrer und Geschäftsführer der American Dialect Society in seinem fabelhaften Büchlein OK - The Improbable Story of America's Greatest Word. ( Oxford University Press. 211 Seiten, 18,95 Dollar), das nun erstmals versucht, die Herkunft dieses Ausdrucks zu erkunden.

Für diese gibt es ungefähr so viele Theorien wie es unterschiedliche Schreibweisen des Wortes gibt: Es stamme aus dem Griechischen, sagen die einen ("olla kalla" bedeutet alles in Ordnung), aus dem Finnischen die anderen ("oikea" kann man mit "korrekt" übersetzen). Hartnäckig halten sich auch die Behauptung, "okay" sei die Verballhornung eines Befehls französischer Hafenarbeiter, die Kapitäne an den Kai dirigierten ("Au quai!") sowie diverse indianische Herleitungen: Auf Choctaw etwa werden Behauptungssätze mit dem Wort "okeh" beendet, das auf die Hörer wie ein gesprochenes Ausrufezeichen wirken soll.

Klingt alles gut, ist aber alles falsch. Die Wahrheit ist viel bizarrer und steht im Kleingedruckten, genauer gesagt in einem kurzen Bericht der Boston Morning Post vom 23. März 1839 über eine humorige Vereinigung, die sich gegen den Gebrauch von Tischklingeln gebildet hatte, und war als orthographischer Witz gemeint: o.k. taucht da als falsche Abkürzung des Ausdrucks "all correct" auf.

Die Zeitungen dieser Tage waren voller solcher Abkürzungskalauer, kurz zuvor hatte in der selben Zeitung ein Journalist "O.W." als falsche Abkürzung für oll wright, also all right benutzt. Es gab KY für "know yuse" (no use, zwecklos) oder NS für "nuff said" (enough said, genug gesagt). Das Abkürzungsgekalauere wiederum war ein Seitenarm einer damals grassierenden bizarren Kürzelmanie, die es mit heutigen SMS-Neologismen wie LOL (loughing out loud) und IMHO (In my humble opinion) aufnehmen kann.

Lesen Sie auf Seite 2, wie sich das Wort wie ein Lauffeuer verbreitete und den Wahlkampf zur amerikanischen Präsidentschaft beeinflusste.

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Warum aber springt der eine Kalauer aus den Zeitungsspalten ins Alltagsleben, während alle anderen im Altpapier versinken? Zum einen war der Erfinder des Ausdrucks, ein gewisser Charles Gordon Greene, so angetan von seinem Witz, dass er ihn in den folgenden Wochen beinhart mehrfach verwendete. Und wie das so ist mit penetranten Menschen, irgendwann geben die anderen nach, o.k. tauchte im Laufe des Jahres in Zeitungen in Philadelphia, New York und Washington auf.

"OK is o.k."

Vor allem kam dann aber der Präsidentschaftswahlkampf von 1840. In dem trat Martin Van Buren an, der den Spitznamen "Old Kinderhook" hatte. Seine Wahlmänner gründeten den OK Club und prägten den Slogan: "OK is o.k.", der sich wie ein Lauffeuer durchs Land verbreitete. Seine Gegner wiederum dachten sich diffamierende Neuinterpretationen des Kürzels aus wie "Out of Kash" (pleite) oder "Out of Kredit". Van Buren verlor die Wahl, OK aber blieb.

Wie ein Virus, das durch schlampige Replikation immer neue, geringfügig veränderte Varianten entwickelt, hat sich das Wort seither verbreitet und immer noch tiefer im Wirtskörper der Sprache eingenistet: Okay kann aggressiv klingen, wenn es an das Ende einer Frage gestellt wird. Es kann am Anfang eines Satzes der Versuch sein, die Aufmerksamkeit einer Gruppe auf sich zu ziehen -Okay, Kinder, hört mal her. Und es wurde, wie Metcalf es ausdrückt, "zum Mantra der Toleranz und Akzeptanz. Die Dinge sind okay, wie sie sind".

Die letzte Mutation, die das Wörtchen durchgemacht hat, ist ein ziemlich enervierender Ableger dieses Toleranzsignals. Okay bedeutet mittlerweile ja auch, dass man jemandem extrem proaktiv zuhört. "Mhm" wirkt dagegen geradezu schlunzig, zerknittert und unmotiviert. Dieses "Okay" hingegen signalisiert dynamische neuronale Verarbeitung des Gesagten.

Ja, es gibt Leute, die jeden noch so uninteressanten Satz, den man ihnen erzählt, mit diesem emotional aufgekoksten "okay" parieren: "Ich habe gerade ein Büchlein über die Herkunft des Wortes okay gelesen." - "Okay." "Großartiges Buch." - "Okay". Was soll's, KY, NS.

© SZ vom 12.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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