Biografie:Der große Alexander

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Volker Mehnert und Claudia Lieb: Alexander von Humboldt. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2018. 110 Seiten, 25 Euro. (Foto: Verlag)

Volker Mehnert erzählt das Leben des Naturforschers Humboldt, dieses Universalgelehrten, der das damals noch fast unbekannte Südamerika bereiste.

Von Harald Eggebrecht

Hier wird die Geschichte eines einzigartigen Mannes so lebhaft, leichtfüßig und animierend dargestellt in Wort und Bild, dass man sich gleich in die Originalschriften dieses wahren Universalgelehrten stürzen und sich weiter mit ihm beschäftigen will: mit Alexander von Humboldt (1769-1859), einer Jahrtausendgestalt. Entdecker, Forscher, Bergsteiger, Vulkanologe, Urwaldwanderer und Flussbootsfahrer im damals noch kaum erforschten Südamerika. Dort wird er bis heute als der zweite Entdecker Amerikas gefeiert. Doch Humboldt ist kein Goldsucher oder Trophäenjäger, kein simpler Abenteurer, der nur sich selbst verwirklichen will, sondern ein Erkunder und Vermesser der Welt von Gestein, Gräsern, Schmetterlingen bis hinauf zum Sternenzelt. Ob Pflanzen oder Tiere, ob Hochgebirge, Flusssysteme oder das Meer, es gibt nichts, was diesen unersättlich Wissbegierigen nicht interessierte. Dabei bleibt sein Blick auf die menschlichen Gesellschaften, denen er begegnet auf seiner fünfjährigen Südamerikatour, immer klar und kritisch scharf. Er sieht und benennt das von den Spaniern verursachte Elend der indianischen Völker, er klagt die Sklaverei an zu einer Zeit, als etwa sein Gesprächspartner Präsident Thomas Jefferson seine Plantagen von afrikanischen Sklaven bearbeiten ließ.

Volker Mehnerts Lust lässt sich spüren, diesem unglaublichen Lebenslauf Humboldts nachzugehen, für dessen einmalige Vitalität und Neugier sonst wohl kaum zehn Leben ausgereicht hätten, und dessen wahrhaft humane sowie ökologische Weltsicht nichts an Aktualität verloren hat. Humboldt und sein französischer Freund und Forscherkollege Aimé Bonpland erscheinen in diesem von Claudia Lieb mit großer Einfühlsamkeit illustrierten Band wie Antifiguren zu den dürftigen Potentaten ihrer Zeit und erst recht wie Giganten einer völlig anderen Weltsicht gegenüber bei aller bedrohlichen Gefährlichkeit banalen heutigen Machthabern. Humboldt verstand sich als Weltbürger, er hatte Briefverkehr mit nahezu der ganzen Welt, war, modern gesagt, vernetzt. Auch darin ist er ein unabgegoltenes Vorbild. Zu loben bleibt, dass Mehnert und Lieb ihren Helden nie heroisieren, nie aufs Podest stellen, sondern gleichsam mit im Boot sitzen, wenn es den Orinoco aufwärts geht, wenn die Besteigung des Chimborazo in Angriff genommen wird, wenn sie mit ihm erstmals über den Pazifik blicken.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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