Bildband:Prophet im Ring

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Muhammad Ali war nicht nur der großmäulige Profiboxer, der schon früh die "große Fresse von Louisville" genannt wurde. Seine Sportkarriere und vor allem sein politisches Leben gibt es nun in einer Comic-Biografie.

Von Leevke Puls

"Ich bin der Allergrößte" sagte der Schildermaler Cassius Marcellus Clay Sr. in den Fünfzigerjahren in einem schwarzen Ghetto Kentuckys. Alle Welt sollte wissen, dass er nur seiner Hautfarbe wegen kein erfolgreicher Kunstmaler geworden war.

"Ich bin der Allergrößte" behauptete dann auch sein ältester Sohn Cassius Marcellus Clay Jr. ein paar Jahre später in Miami Beach, nachdem er 1964 einen Weltmeisterschaftskampf gegen Sonny Liston gewonnen hatte. Zum Boxen war er ein Jahrzehnt zuvor über einen Polizisten aus seinem Viertel gekommen. Zuerst tritt der zukünftige Boxchampion Muhammad Ali gegen Jungs aus seinem Ghetto an, doch er macht so schnell Fortschritte, dass sie bald keine ebenbürtigen Gegner mehr darstellen. 1960 gewinnt er eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Rom.

Dahin war er wegen seiner Flugangst in der Linienmaschine in einer kompletten Fallschirmspringer-Montur samt Schirm geflogen. Vier Jahre später ist die "große Fresse von Louisville", wie Journalisten ihn schnell nannten, zum ersten Mal Weltmeister. Er kommt zwar als strahlender Held in die Heimat zurück. Doch dort hat sich gar nichts geändert. Auch sein Erfolg kann dem Rassismus in der Stadt nicht entgegenwirken.

Synchron erscheinen Alis Aufstieg zum Elvis des Boxrings wie sein Engagement für die Civil Rights

Die Lebensgeschichte dieses Ausnahme-Boxers, der bald zu politischen und religiösen Überzeugungen findet, wird detailliert im Comicbuch "Muhammad Ali" von Sybille Titeux und Amazing Ameziane erzählt. ( Muhammad Ali. Die Comic-Biografie. Übersetzt von Anja Kootz. Knesebeck Verlag, München 2016. 120 Seiten. 24,95 Euro) Die ausdrucksstarken Illustrationen aus dicken, auch fahrig wirkenden Strichen, kommen mit wenig Text aus. Skizzenhaft wirken die Bilder oft, gehalten sind sie in erdigen, eher gedämpften Farbtönen. Vielleicht wirken die Blicke der Figuren deshalb so prägnant und offen. Ein facettenreiches Porträt des Boxers Muhammad Ali ist auf diese Weise entstanden, das von dessen sozialem und gesellschaftlichem Engagement mindestens genauso stark berichtet wie von seiner bedeutenden Box-Karriere. Synchron erscheinen so Alis Aufstieg zum Popstar, zum Elvis des Boxrings, wie sein Engagement für die Civil Rights-Bewegung: "Kein Vietcong nannte mich jemals Nigger", damit begründete er seine Weigerung, in den Vietnamkrieg zu ziehen.

Der wohl spannendste Vergleich zwischen Buch und Realität wird in Alis berühmtesten Kämpfen möglich: im Comic werden der "Rumble in the Jungle" (1974) sowie der "Thrilla in Manila" (1975) Runde für Runde in Bildern nacherzählt: Die durchdringenden Blicke, die fixierten Mienen, die Körperbewegungen voller Kraft, Entschlossenheit und Konzentration legen die Choreografie dieser Kämpfe offen.

Den Spottnamen "Große Fresse von Louisville", der Muhammad Ali reine Redelust unterstellt, kontert er nach dem Ende seiner Karriere mit dem Statement: "Ich bin Poet, ich bin Prophet".

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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