Autor gegen Verlag:"Lieber kein Buch  als dieses Buch"

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Florian Heyden erwirkt eine Verfügung gegen die Verfälschung seines Buches "Walter Ulbricht. Mein Urgroßvater".

Von Jens Bisky

Im August veröffentlichte der Verlag Edition Ost, der zur Eulenspiegel-Verlagsgruppe gehört, das Buch "Walter Ulbricht. Mein Urgroßvater". Verfasst hatte es der 1980 geborene Florian Heyden, der in der Schweiz als Manager arbeitet, aber viele Passagen des Buches stammten nicht von ihm. Der Verlag habe, so der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk am 25. August in der SZ, "politisch nicht genehme Passagen im ursprünglichen Manuskript" umgeschrieben, den Text ideologisch passfähig gemacht. Auf Antrag des Autors hat das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen die Eulenspiegel-Verlagsgruppe erlassen, die es dem Verlag untersagt, Florian Heyden als Autor sehr vieler verschiedener Textstellen zu nennen. Der Gerichtsbeschluss verzeichnet seitenlang Passagen, die nicht vom Autor stammen, deren Veröffentlichung unter seinem Namen also sein Persönlichkeitsrecht verletzen.

Der Eulenspiegel-Verleger Matthias Oehme teilt auf Fragen lediglich mit, das Buch werde vom Verlag nicht mehr angeboten, der Verlagsvertrag sei gelöst. Zum allen Gepflogenheiten der Verlagsbranche zuwiderlaufenden Umgang mit dem Autoren will er sich nicht äußern.

Der Vorgang bleibt skandalös. Florian Heyden hatte sein Manuskript dem Verlag zugeschickt und erhielt die "lektorierte" Fassung im Juli. Man gab ihm, sagt er der SZ, "eine Woche Zeit, die stark vom Manuskript abweichende Druckfassung durchzusehen", dass der Text umgeschrieben worden war, habe ihm der Verlag nicht gesagt. In der äußerst knappen Zeit versuchte er, sein Buch über seinen Urgroßvater zu retten. Der Verlag habe ihm zugesichert, dass "meine ,Roten Linien' eingearbeitet würden", die vom Autor "angemahnten Änderungen wurden dann aber an wichtigen Stellen nicht übernommen." Stattdessen erschien das offenbar in verklärender Absicht umgeschriebene Buch. "Ich habe", sagt Heyden, "keine Hagiografie geschrieben", er wolle seinen Urgroßvater als "fehlbaren Menschen" schildern. Aber: "Ich habe lieber kein Buch als dieses Buch ... Die Menschen scheinen die wahre Geschichte kennen zu wollen wie ,Walter' zu ,Ulbricht' wurde. Leider scheint der Verlag so ziemlich alles zu tun, um das zu verhindern. Ich will das Buch trotzdem bei einem anderen Verlag veröffentlichen."

© SZ vom 12.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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