Ausstellungen:Die Tor macht weit

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Ein Raum, ein Künstler: Hier schiebt sich Frank Balves "Einkaufswagen" vor eine seiner Wandarbeiten mit dem Titel "Extraction". (Foto: Courtesy of the artist / Galerie MaxWeberSixFriedrich)

Max Weber und Six Friedrich öffnen die Türen zu ihrem Zwischennutzungsprojekt "13 Künstler, 13 Räume". In der Galerie Kampl werden neue Arbeiten der jungen Berliner Malerin Rebecca Raue gezeigt

Von Evelyn Vogel

Ein wenig erinnert die Schau an einen Adventskalender. Allerdings an einen mit "nur" 13 Türen, und hinter jeder Tür verbirgt sich nicht nur ein Werk, sondern jeweils eine Werkgruppe eines Künstlers. In einem Zwischennutzungsprojekt in der Türkenstraße haben die Galeristen Max Weber und Six Friedrich eine Gruppenschau mit monografischer Präsentationsform umgesetzt. In 13 Räumen eines Bürogebäudes, das demnächst einem Wohnungs-Neubau weichen muss, präsentieren sie Raum für Raum 13 Künstler. Ein Traum für jeden, so viel Raum zu haben, dass die eigenen Werke "ungestört" von anderen in Korrespondenz miteinander treten können.

Zugleich locken aber natürlich 13 verschiedene Künstler auch ganz unterschiedliches Publikum an. So kann es geschehen, dass Besucher, die sich für Künstler wie Siegfried Anzinger, Wilhelm Mundt, Andreas Schulze, Peter Zimmermann, Markus Huemer oder Ralf Ziervogel interessieren, ganz en passant auch das Werk von Elke Härtel, Jens Wolf, Nina Annabelle Märkl, Philipp Siempelkamp, Frank Balve, Manuel Eitner oder Pablo Genoves entdecken, die oft auch jenseits der klassischen Flachware arbeiten.

Denn auch wenn viele der Werke aus dem Bereich der Malerei und der Zeichnung stammen sowie ein wenig Fotografie vertreten ist, so finden sich auch Collagen, Objekte und Installationen in der Ausstellung. So die Spiegel-Zeichnungs-Konstrukte von Märkl, die Mixed-Media-Objekte von Balve, die vielschichtigen Papierwelten von Eitner, die Gips-Figur aus einer verdrehten Märchenwelt von Härtel oder die in verschiedene Medien übersetzte Idee einer Stein-Skulptur von Mundt.

Apropos entdecken: Um die zarten Arbeiten von Ralf Ziervogel zu entdecken, darf man nicht nur nach rechts und links schauen, sondern sollte ein wenig ums Eck gehen.

13 Künstler. 13 Räume. Zwischennutzungsprojekt der Galerie Max Weber / Six Friedrich, Türkenstraße 9, 3. Stock, bis 19. Dezember, Di-Fr 14-18 Uhr, Sa 13-16 Uhr

Wer die Bilder der jungen Berliner Malerin Rebecca Raue anschaut, entdeckt alsbald ein wiederkehrendes Motiv, das wie kaum ein anderes das Schicksal von Flüchtlingen symbolisiert: das Schiff. Es sind nicht eindeutig hoffnungslos überfüllte, zum Kentern verurteilte Schlauchboote oder verrostete, sich selbst überlassene Seelenverkäufer. Eher wirken sie wie still dahintreibende oder lustig auf den Wellen tanzende kleine Bötchen, die Segel gesetzt haben und - vielleicht auf ihren Gott vertrauend - den Frieden und Freiheit verheißenden Gestaden entgegenstreben.

Eine ähnlich ambivalente Interpretation wie bei den Schiffen stellt sich auch bei den dargestellten Figuren und Häusern ein. Mal sind es einzelne Menschen, mal Menschengruppen, die wie verloren in weite Farbfelder eingekratzt scheinen und sich mal abweisend, mal begrüßend, gar beschützend gegenüberstehen. Und auch bei den Gebäuden variieren die Assoziationen zwischen "eine feste Burg", die für Heimat und Geborgenheit steht, und temporärem Obdach, das jeden Moment von einem Sturm - der Entrüstung?, des Klimawandels? - davon gefegt werden kann.

Rebecca Raue hat bei Georg Baselitz und Rebecca Horn studiert und wird nun zum zweiten Mal in München bei Kampl ausgestellt. Ihre Motive thematisiert sie schon seit längerem in ihren Arbeiten. Die wie leichte grafische Einwürfe wirkenden Zeichnungen auf teils pastosen, teils sehr transparenten Farbaufträgen werden durch Schrifteinträge ergänzt. Sie führen die von den Bildwelten angedeuteten Inhalte fort, präzisieren sie mitunter. "Wege finden" - so auch der Titel der Ausstellung - lautet ein Einwurf. Veränderung der Gesellschaft, der Lauf der Zeit, die Welt im Wandel, Heimat und Liebe sind andere.

Schwergewichtige Themen also. Aber Rebecca Raue setzt sie mit großer zeichnerischer Leichtigkeit um und lässt den Betrachter voller Empathie diese Bildwelten durchwandern und erforschen.

Rebecca Raue: Wege finden, Galerie Kampl, Buttermelcherstraße 15, bis 30. Januar, Di-Sa 12-19

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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