Architekturbiennale 2016:Flucht, Elend, Heimat

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Das Wohnen wird das große Problem der Zukunft. Das Thema wird auch das Deutsche Architekturmuseum beschäftigen, wenn es den Deutschen Pavillon auf der Architekturbiennale gestaltet.

Von Gerhard Matzig

In Deutschland fehlen schon jetzt knapp 800 000 Wohnungen - und der Bedarf erhöht sich durch die Zuwanderung. Bis Jahresende werden (allein 2015) mehr als eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet sein. Studien zufolge müssten bis 2020 jährlich 400 000 neue Wohneinheiten realisiert werden, mindestens. Gebaut wird ein Bruchteil. Und es geht nicht nur um Migranten, denn auch die schon jetzt herrschende Obdachlosigkeit nimmt Jahr für Jahr dramatisch zu: Bis 2018 wird es hierzulande mehr als eine halbe Million Wohnungsloser geben. Doch nicht allein Deutschland ist betroffen: Weltweit müssen in den nächsten 15 Jahren eine Milliarde Wohneinheiten gebaut werden.

Das "Wohnen", das so alt wie die Menschheit ist und das wie nichts sonst changiert zwischen gelebter Normalität und existenzieller Bedrohung, ist neben dem Klimawandel das drängendste Problem unserer Epoche. Schon deshalb ist es eine erfreuliche Nachricht, dass das Deutsche Architekturmuseum (Frankfurt) die Ausstellung im Deutschen Pavillon auf der kommenden Architekturbiennale kuratiert. Die größte Architekturschau der Welt wird am 28. Mai 2016 in Venedig eröffnet.

Der deutsche Beitrag könnte kaum aktueller sein. Unter dem Titel "Making Heimat. Germany, Arrival Country" soll danach gefragt werden, was Architektur und Städtebau leisten können, um die Transformation von Obdachlosigkeit zu Integration zu gewährleisten. Schon jetzt sieht man ja an den Rändern der Städte genau jene schnell zusammengetackerten Notlager, die kein Teil der Lösung, sondern ein Teil künftiger Probleme sind. "Erst bauen Menschen Häuser, dann bauen Häuser Menschen." Dieser Satz Albert Schweitzers könnte uns noch um die Ohren fliegen. "Heimat", das ist ein beinahe ältlicher Begriff - doch wird sich auf seinem Terrain die Zukunft weisen.

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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