Ammann-Verlag gibt auf:Ende einer Leidenschaft

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Teure Schweiz, armer Buchhandel: Der Züricher Ammann-Verlag war das Lebenswerk von Gründer Egon Ammann. Nun geht seine Arbeit dem Ende zu.

Stephan Speicher

Der Züricher Amman-Verlag gibt auf. Wie er auf seiner Internet-Seite www.ammann.ch mitteilt, wird er zum 30. Juni 2010 seine "publizistische Verlagsarbeit beenden". Das Herbstprogramm dieses und das Frühjahrsprogramm des kommenden Jahres werden aber offenbar noch im geplanten Umfang vorgelegt werden. Der Verlag wurde 1981 von Egon Ammann und Marie-Luise Flammersfeld gegründet und erregte sofort Aufmerksamkeit mit dem Erzählungsband "Die Tessinerin" des bis dahin noch nicht hervorgetretenen Thomas Hürlimann.

Der Verlag steht und fällt mit ihm: Egon Ammanns persönliches Lebenswerk findet einen persönlichen Schluss. (Foto: Foto: oh)

Auch "Die Bürgschaft" von Thorsten Becker, ein Debüt, das bejubelt wurde wie kaum ein anderes der letzten Jahrzehnte, erschien dort (1985) und das erste Buch von Julia Franck "Der neue Koch" (1997). Unter den fremdsprachigen Autoren, die Ammann dem deutschen Publikum vorstellte, sind Wole Soyinka, Ismail Kadare, Ralph Ellison, Adonis, Georges-Arthur Goldschmidt und Les Murray die bekanntesten. Zuletzt war Éric-Emmanuel Schmitt wohl der am Markt erfolgreichste Ammann-Autor. Ammann versteht sich als entschieden literarischer Verlag. Zwar gibt es auch Sachbücher, so zum Beispiel das von Paul Widmer zur Geschichte der Schweizer Außenpolitik, aber sie prägen nicht das Bild.

Die Leidenschaft, Halt und Problem zugleich

Neben die zeitgenössischen Autoren traten früh die Helden der klassischen Moderne in Übersetzungen, Fernando Pessoa, Ossip Mandelstam, Marina Zwetajewa, Kavafis oder Antonio Machado. Das größte und prominenteste Projekt aber waren die Neuübersetzungen der Romane Fjodor Dostojewskis durch Swetlana Geier. Jetzt, mit dem absehbaren Ende des Verlags, stellt sich auch die Frage, was davon sich selbst trug. Übersetzungen zu verlegen ist teuer, selbst im Falle der viel bewunderten Dostojewski-Übersetzungen ist man sich in der Branche nicht sicher, ob die Verkäufe die Kosten wieder einspielten. Pessoa wird mit dem "Buch der Unruhe" wohl auch ein geschäftlicher Erfolg gewesen sein. Bei den Lyrikern Mandelstam, Kavafis und Machado kann als sicher gelten, dass der Markt die literarische Leidenschaft des Verlegers nicht honoriert hat.

Dies, die literarische Leidenschaft Egon Ammanns, trug den Verlag, handelte ihm allerdings auch geschäftliche Probleme ein. Über lange Jahre, so heißt es, haben die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck oder auch Monika Schoeller, Chefin der Fischer-Verlage und Gesellschafterin der Holtzbrinck-Gruppe, die Verluste bei Ammann ausgeglichen, man spricht von Beträgen um die 500000 Euro und mehr im Jahr. (Eine Reihe wichtiger Ammann-Bücher sind auch ins Fischer-Taschenbuchprogramm übernommen worden, so die Dostojewski-Übersetzungen.)

Das war ein mäzenatisches Engagement, gebunden an ein bestimmtes Programm und eine bestimmte Person, die des Verlegers Egon Ammann. Ammann aber ist krank, er hat einen schweren Herzinfarkt überwunden, ist auch nicht mehr jung (er selbst spricht "vom fortgeschrittenen Alter der Verleger") und so findet eine verlegerische Arbeit, die als ein persönliches Lebenswerk angelegt war, ihren persönlichen Schluss.

Wie bei jeder Verlagskrise wird allerdings auch hier wieder die Frage gestellt werden, ob Unternehmen mittlerer Größe sich auf Dauer am Markt behaupten können. Es braucht große Autorennamen, um den Buchhandel für den Verlag zu interessieren, diese Namen aber sind nur mit immer höheren Garantiehonoraren zu gewinnen und zu halten. Große Häuser mit entsprechender Marktmacht können solche Vorleistungen leichter einbringen und gegebenenfalls abschreiben. Im Falle Ammann wird dazukommen, dass Schweizer Verlage in einer ungünstigen Kostensituation sind. Sie produzieren zu den teuren Schweizer Bedingungen bei Mieten und Gehältern, verkaufen aber den größten Teil ihrer Bücher zu den geringen Preisen, die sich auf dem deutschen und österreichischen Markt erzielen lassen.

© SZ vom 11.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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