Afropop-Kolumne:Ästhetische Emanzipation

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(Foto: Label)

Der Nigerianer Seun Kuti führt das Musikprojekt seines Vaters fort - und improvisiert seine Saxofon-Kaskaden dazu. Sein Kontinent wartet mit Gitarren-Virtuosen auf, die ihre Basssaiten aus Fahrradbremszügen bauen.

Von Jonathan Fischer

Seun Kuti war erst 14, als er im Jahr 1997 Egypt 80 erbte, die Band seines Vaters Fela Kuti. Ihre Losung lautete: brennende politische Botschaften über polyrhythmischem Funk! Lange spielte Seun Kuti die Rolle des Erbverwalters: So hat er sein sechstes Album "Black Times" (Srut) demonstrativ in der wiederaufgebauten Kalakuta Republic in Lagos eingespielt, einem Kulturzentrum und Studio, das nigerianische Soldaten 1977 in Vergeltung für Fela Kutis gesungene Provokationen in Schutt und Asche gelegt hatten. Seun Kuti führt den Kampf gegen die Korruption fort und greift die Kritik an der aus dem Westen importierten Konsummentalität auf. Ästhetisch emanzipiert er sich vom Vater: Seinen Musikern gibt er viel Raum für freie Improvisation, er bläst schneidende Kaskaden auf seinem Saxofon, nimmt Soundanleihen sowohl vom HipHop als auch der Ambient Music. Einmal fädelt sich gar Carlos Santanas Blues-Gitarre in den Mahlstrom der Bläser und Gesangschöre ein. Die Musik entwickelt Intensität, die in abstrakten pointillistischen Konversationen zwischen Schlagzeug, Trompeten und Gitarren gipfelt. Kleine bewegliche Funk-Partikel wirbeln um den Groove. Lösen die Melodie auf. Reißen unvorhergesehene Löcher.

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