AfD:"Wir kommen wieder!"

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Der Satiriker Schlecky Silberstein hat für den öffentlich-rechtlichen Jugendsender eine Persiflage gedreht. Die passte der AfD gar nicht. Nach einem Besuch des AfD-Abgeordneten Frank-Christian Hansel bekommt der Satiriker nun Morddrohungen.

Von Quentin Lichtblau

Einen "Hauch von '33" habe er empfunden, schreibt der Satiriker Christian Brandes alias "Schlecky Silberstein" in einem Blogeintrag, nachdem die Berliner AfD auf Facebook und Youtube ein Video veröffentlicht hat. Der reißerische Titel: "Frank-Christian Hansel. AfD deckt auf. Fake-Videos wurden für ARD und ZDF gedreht."

Im Video besucht der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel den Satiriker Brandes in seinem Büro. Hansel sagt, er habe Brandes und seine Kollegen wegen eines Filmdrehs in Lichtenberg zur Rede stellen zu wollen. Brandes' Firma hatte dort einen Beitrag für das "Bohemian Browser Ballett" des öffentlich-rechtlichen Jugendsenders Funk gedreht. Darin sind unter anderem ein AfD-Parteistand und eine Nazi-Demonstration zu sehen, aber auch die Vereinnahmung des Gegenprotests durch apolitische Partydemonstranten und Coca-Cola. Das "Browser Ballett" nimmt damit satirisch überzeichnet die Ereignisse in Sachsen aufs Korn.

In einem Video rief ein Mann dazu auf, Gewalttaten gegen Brandes, seine Kollegen und Nahestehende auszuüben

Trotz der offensichtlichen Fiktionalität des Videos und einer laut Brandes sehr umfassenden Vorabinformation der Anwohner des Drehortes nahm die AfD den Dreh zum Anlass, über die Nachstellung einer echten Demonstration zu spekulieren, bezahlt von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern. Sie spielte damit auf das rechte Narrativ an, laut dem die Hitlergrüße und Hetzjagden bei den Ereignissen in Chemnitz ebenfalls nur inszeniert worden sein sollen. Im seinem Video spricht Hansel davon, dass die AfD rechtliche Schritte gegen das Video prüfe, einerseits wegen der Verwendung des AfD-Logos, andererseits aufgrund der angeblichen "Vortäuschung einer Straftat". Im "Browser Ballett"-Beitrag sieht man einen als Skinhead kostümierten Schauspieler an einem Hundehalsband, der mit den Worten "Hase, du bleibst hier" von der Verfolgung eines schwarzen Schauspielers abgehalten wird, später rennt Letzterer vor dem AfD-Stand verfolgt von den Skins durchs Bild - für die AfD offenbar zu realistisch.

In Hansels Video sind der Straßenname sowie das Klingelschild zu sehen, auf dem neben Brandes' Firma auch der Name seines Geschäftspartners steht. Nachdem ihm niemand die Tür öffnet, kündigt Hansel an: "Wir kommen wieder!"

Brandes erhielt daraufhin Morddrohungen. In einem Video mit dem Untertitel "Da wohnt er" rief ein Mann implizit dazu auf, Gewalttaten gegen Brandes, seine Kollegen und Nahestehende auszuüben. Es fallen Sätze wie: "Ich denke, du hast deine Mitarbeiter schon informiert, dass sie so ein bisschen drauf achten sollen, ob sie eventuell von jemandem unauffällig verfolgt werden, nach Hause, zu ihren Familien."

Ein Sprecher der AfD Berlin äußerte sich am Dienstag gegenüber dem RBB eher zurückrudernd: Man habe vorab nicht absehen können, um welche Art von Video es sich bei Brandes' Dreh in Lichtenberg handeln würde. Auf Nachfrage der SZ bestätigte die Berliner AfD wiederum, dass man aufgrund der vermeintlichen vorgetäuschten Straftat Anzeige erstattet habe. Brandes rechnet ihr dabei keine großen Chancen aus: "Ich würde die Partei bitten, uns und ihre eigene Klientel darüber auf dem Laufenden zu halten. Dann lernen die auch mal, dass es Kunstfreiheit gibt."

© SZ vom 19.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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