Pop:Tropisch leicht

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Donald Glover alias Childish Gambino mit Filmpartnerin Rihanna (die aber leider nicht singen darf) in „Guava Island“. (Foto: Amazon Prime)

Donald Glover alias Childish Gambino zeigt eine Art Sommermärchen auf Amazon Prime. Der Kurzfilm "Guava Island" präsentiert den smarten Kulturkritiker in erstaunlich sonniger Stimmung. Nur Rihanna hat nichts zu tun.

Von Janne Knödler

Wenn der Regisseur Hiro Murai und der Sänger, Schauspieler und Showrunner Donald Glover alias Childish Gambino zusammenarbeiten, dann ist die Welt erwartungsvoll, aufgeregt, und oft auch: verwirrt. Ihre Stücke entziehen sich bereitliegenden Kategorien - das galt vorab auch für ihr neues Ding "Guava Island". Seit das Projekt letztes Jahr durch Bilder von Rihanna und Glover auf Kuba durch die sozialen Medien ging, galt es mal als visuelles Album, mal als Kurzfilm aus dem Genre "Tropischer Thriller", mal als Clip für Donald Glovers Coachella-Festival-Set. Am Samstag hatte der Film seine Streaming-Premiere auf Amazon Prime, und siehe da - er ist von allem ein bisschen.

Gute-Nacht-Geschichte, Parabel über die Macht der Kunst und die Unmenschlichkeit des Kapitalismus, Disney-Märchen, Childish-Gambino-Musical, filmgewordener Inselurlaub - all das trifft auf den 55-minütigen "Guava Island" irgendwie zu. Kofi (Rihanna) und Deni (Donald Glover) leben in einem kleinen, tropischen, verlorenen Paradies. Die Macht liegt bei einem einzelnen Mann, dem großen, gierigen Red Cargo, für den alle knechten müssen, sieben Tage die Woche. Um den Menschen ein kleines Stück Freiheit und Ausgelassenheit zu geben, plant Deni ein Musikfestival, das die ganze Nacht dauern soll. Red Cargo, der fürchtet, dass seine Arbeiter am nächsten Tag nicht erscheinen werden, will dies verhindern. Begleitet wird diese Handlung von spontanen Gesangsausbrüchen Glovers, der die Straßenmusiker mit ihren improvisierten Trommeln einbezieht, der mit seiner Radioshow die ausgebeuteten Fabrikarbeiter zum Tanzen bringt und der sogar seiner anspruchsvollen Geliebten den einen oder anderen Hüftschwung entlockt.

Für ein richtiges Musical hat "Guava Island" etwas zu wenig Musik, außerdem singt (fast) nur Deni, liefert einige Neuinterpretationen alter Childish-Gambino-Singles und den einen oder anderen neuen Song. Wer nicht singen darf, ist Kofi - eine fast provokante Verschwendung Rihannas, dieser virtuosen Stimmbrecherin, die hier leider nur als Objekt Denis Begierde in Erscheinung tritt.

Murais und Glovers Kollaborationen waren bisher für ihre Unberechenbarkeit bekannt, man musste stets auf intelligente Kulturkritik gefasst sein. Das wird hier durch den berechenbaren Plot eingehegt. Der Schwere, die "This is America" oder ihre gemeinsamen Folgen der Show "Atlanta" auszeichnete, setzt dieser neue Film die Unbeschwertheit der Inselbewohner entgegen. "Guava Island" ist also sehr viel fröhlicher und entspannter, kürzer und leichter, als man erwartet hatte. Aber Erwartungen erfüllen die beiden ja sowieso nicht gerne.

© SZ vom 15.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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